Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 11
Dr. Miriam Ude / Dr. Christian Ude / Laura Vey
als „gleich“ und „austauschbar“. Auch et-
waige Krankenkassenrabattverträge un-
terscheiden hier nicht. In Wahrheit han-
delt es sich jedoch um unterschiedliche
Therapieschemata:
• 21 Pillen – 7 Tage pillenfreies Intervall
• 21 Pillen + 7 Placebo-Pillen
• 24 Pillen + 4 Placebo-Pillen
• zusätzlich: Velmari
®
mit bis zu 120
Pillen für einen Langzyklus
Würde man jetzt ohne kritisches Hinter-
fragen eine 21 + 7-Pille an die Kundin aus-
tauschend abgeben, die üblicherwei-
se nach 21 Pillen 7 pillenfreie Tage an-
schließt, würde eine Falscheinnahme dro-
hen. Es wäre nicht auszuschließen, dass
nun die Pillenpause nach 28 Pillen (21
Verum- und 7 Placebo-Pillen) folgen wür-
de. In Wahrheit würden damit 2 Wochen
Pillenpause entstehen und der Kontra-
zeptionsschutz wäre verloren. Auch ist
ein 24 + 4-Einnahmeschema nicht gegen
ein 21 + 7-Schema in der Apotheke aus-
tauschbar. „24 + 4“ dient der Reduktion
von Nebenwirkungen und Problemen im
Kontext mit der Menstruation und wird
zweifelsfrei vom behandelnden Arzt fest-
gelegt. Zusätzlich zeigt der neben ste-
hende Infokasten 1 eine Gefahr der Com-
pliance aufgrund von unterschiedlichen
Farbkodierungen der verschiedenen Prä-
parate. Betrachtet man diese Farbkodie-
rungen, wird umso klarer, dass ein leicht-
fertiger Austausch in der Apotheke nicht
erfolgen darf. Compliance-Probleme bei
der Einnahme wären vorprogrammiert!
Für die Praxis bedeuten diese Fakten, dass
bei automatisiertem Austausch entweder
durch Rabattverträge oder die Aut-idem-
Suche immer höchste Vorsicht geboten
ist. Wenn das Verständnis für die unter-
schiedlichen Einnahmeschemata vorhan-
den ist, fällt eine Beurteilung der unter-
schiedlichen Präparate leichter; ein Aus-
tausch kann im Einzelfall geprüft werden.
Fall 3 – Kundin: „Ich reise für längere Zeit
ins Ausland. Was muss ich bei meiner Pil-
leneinnahme und der Zeitverschiebung
beachten?“
Entscheidend für die Beantwortung die-
ser praxisnahen Frage sind die absolu-
ten Zeiträume zwischen den Einnahmen
zweier Pillen. Die Beurteilung, ob der Ver-
hütungsschutz noch vorhanden ist oder
nicht bzw. wie sich korrekt zu verhalten
ist, leitet sich vom Szenario einer verges-
senen Pille ab. Tabelle 5 führt die Zeitfen-
ster bis zum Verlust des Kontrazeptions-
schutzes auf.
Vergessene Pille
Das Schwangerschaftsrisiko ist am höch-
sten, wenn Tabletten zu Beginn der ers-
ten oder am Ende der letzten Einnah-
mewoche vergessen wurden. Geeignete
Maßnahmen zur Verhinderung einer
Schwangerschaft nach Einnahmefehlern
sind in Tabelle 4 beschrieben.
Zeitverschiebung
Für die Urlaubsreise bieten sich daher fol-
gende zwei Varianten an: die „eigene
Uhr“ oder eine „Zwischenpille“. Die ei-
gene Uhr für die Pilleneinnahme führt zu
festen, absoluten Zeitfenstern zwischen
den Pilleneinnahmen. Nachteil hieran ist
bei größeren Zeitverschiebungen, dass
die Pilleneinnahme zu unpassenden Ta-
geszeiten in der dort gültigen Zeitrech-
nung durchgeführt wird. Wählt man die
„Zwischenpille“, erfolgt zum Beispiel be-
reits 12 Stunden nach der letzten Einnah-
me die nächste Pille. Anschließend folgen
alle weiteren Pillen in der neuen Zeitrech-
nung zur gewohnten Tageszeit.
Zusammenfassend kann man festhalten,
dass Kombinationspräparate bei Zeitver-
schiebungen von unter 12 Stunden zur
gewohnten Zeit genommen werden. Mi-
nipillen werden bei Zeitverschiebungen
unter 3 Stunden zur gewohnten Zeit ein-
genommen. Bei Zeitverschiebungen von
mehr als 3 Stunden wird eine Zwischen-
pille nach 12 Stunden eingenommen. Bei
Fortbildung ktuell – Das Journal
Tabelle 4:
Vorgehen bei einmaliger Überschreitung der Einnahmezeit um mehr als
12 Stunden
Nur 1 Tablette in
Woche 1 vergessen
Nur 1 Tablette in
Woche 2 vergessen
Nur 1 Tablette in
Woche 3 vergessen
Die Einnahme
sollte so schnell wie
möglich nachgeholt
werden (auch wenn
dies bedeutet, dass
zwei Tabletten zur
gleichen Zeit einge-
nommen werden).
Die Tabletteneinnah-
me wird danach wie
gewohnt fortgesetzt.
Es sind jedoch in
den nächsten sieben
Tagen weitere Ver-
hütungsmaßnahmen
anzuwenden. Fand
in der Woche vor
der vergessenen Pille
Geschlechtsverkehr
statt, so besteht das
Risiko einer Schwan-
gerschaft.
Die Einnahme
sollte so schnell wie
möglich nachgeholt
werden (auch wenn
dies bedeutet, dass
zwei Tabletten zur
gleichen Zeit einge-
nommen werden).
Wenn die Pille in
den vorausgegan-
genen 7 Tagen kor-
rekt eingenommen
wurde, ist die emp-
fängnisverhütende
Wirkung gewährleis-
tet und es müssen
keine zusätzlichen
Schutzmaßnahmen
angewandt werden.
Wenn die Tabletten an den voraus-
gegangenen sieben Tagen korrekt
eingenommen wurden, gibt es zwei
Möglichkeiten vorzugehen: Zum
Einen kann die Einnahme so schnell
wie möglich nachgeholt werden
(auch wenn dies bedeutet, dass zwei
Tabletten zur gleichen Zeit einge-
nommen werden). Die folgenden
Tabletten werden wie gewohnt
eingenommen, die einnahmefreie
Pause wird ausgelassen und es wird
direkt mit der Einnahme der Tablet-
ten aus der nächsten Zykluspackung
begonnen.
Alternativ kann die Einnahme aus
der aktuellen Packung sofort abge-
brochen werden und nach einer ein-
nahmefreien Pause von nicht mehr
als sieben Tagen mit der Einnahme
aus der nächsten Zykluspackung
begonnen werden.