Die neuen Arzneimittel 2014
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Fortbildung aktuell – Das Journal
der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Auch Arzneimittel, die im Jahr 2014 neu
auf den Markt gebracht wurden, müs-
sen die frühe Nutzenbewertung für Arz-
neimittelinnovationen gemäß des Arz-
neimittelmarktneuordnungsgesetzes
(AMNOG) durchlaufen (siehe Journal
03/2014). Der Arzneimittelpreis ist somit
nicht mehr frei kalkulierbar, sondern un-
terliegt einem Bewertungsverfahren und
richtet sich in indirekter Form nach dem
Ausmaß des Zusatznutzens. Arzneimittel,
für die der Zusatznutzen als „erheblich“,
„beträchtlich“ oder „gering“ eingestuft
wurde, weisen gegenüber der zweckmä-
ßigen Vergleichstherapie einen Mehrwert
auf. Ist der Zusatznutzen „nicht quantifi-
zierbar“, „fehlt“ oder ist „geringer“ als
bei der zweckmäßigen Vergleichsthera-
pie führt diese Einschätzung dazu, dass
das neue Arzneimittel auf Basis der ein-
gereichten Daten keinerlei Mehrwert für
die Therapie des Patienten beinhaltet
und damit im Rahmen der frühen Nutzen-
bewertung durchfällt. Neue Arzneimit-
tel mit fehlendem Zusatznutzen werden
in die Festbetragsgruppe einsortiert. Für
den Fall, dass keine Festbetragsgruppe
existieren sollte, wird ein Erstattungsbe-
trag vereinbart, der nicht höhere Jahres-
therapiekosten induziert, als die zweck-
mäßige Vergleichstherapie. Für Arznei-
mittel, die zur Behandlung eines seltenen
Leidens zugelassen sind (Orphan Drugs),
entfällt der notwendige Nachweis des
Zusatznutzens. Diese Arzneimittel wer-
den ebenso frei kalkuliert wie Arznei-
mittel, die einen Zusatznutzen zugespro-
chen bekommen. Erreicht ein pharmazeu-
tisches Unternehmen mit einem Orphan
Drug in der GKV allerdings einen Umsatz
von mehr als 50 Millionen Euro in den
letzten zwölf Kalendermonaten, muss
der Nachweis des Zusatznutzens erbracht
und ein vollständiges Dossier zur Nutzen-
bewertung vorgelegt werden.
Im Rahmen des vorliegenden Artikels
wird der Schwerpunkt auf bedeutende
Innovationen des Jahres 2014 gelegt. Ins-
gesamt wurden 43 neue Arzneistoffe auf
dem deutschen Arzneimittelmarkt zuge-
lassen. Der Schwerpunkt lag vor allem bei
den Orphan Drugs, von denen 2014 mehr
als fünfzehn neu auf den Markt kamen.
Bedaquilin (Sirturo
®
) – Hoffnung bei
Tuberkulose
Bedaquilin ist zur Anwendung bei er-
wachsenen Patienten als Teil einer Kombi-
nationstherapie der multiresistenten pul-
monalen Tuberkulose indiziert. Für den
Einsatz wird vorausgesetzt, dass kein an-
deres wirksames Behandlungsregime zur
Verfügung steht. Gründe dafür können in
einer möglichen Resistenz oder einer Un-
verträglichkeitsreaktion liegen.
Im Jahr 2013 wurden dem Robert-Koch-
Institut (RKI) 4.315 neue Tuberkulosefäl-
le gemeldet, was 5,3 Erkrankungen pro
100.000 Einwohner entspricht. Damit ist
die Erkrankung in Deutschland eigent-
lich rückläufig. Ein Blick über die Gren-
zen hinaus zeigt allerdings einen „ganz
anderen“ Trend. Weltweit stellt die Infek-
tion mit dem Mykobakterium tuberculo-
sis die häufigste tödliche Infektionskrank-
heit dar. Die Ansteckung erfolgt mittels
Tröpfcheninfektion. Die inhalierten Tu-
berkuloseerreger dringen in das Lungen-
gewebe ein und werden von den Makro-
phagen im Rahmen der unspezifischen
Immunabwehr aufgenommen. Innerhalb
von zwei Monaten kommt es zur Ausbil-
dung von Granulomen im Lungengewe-
be. Unter einem Granulom versteht man
eine entzündungsbedingte, knotenar-
tige Gewebsneubildung. In diesem Stadi-
um spricht man von einer latenten Infek-
tion. Vor allem bei Menschen mit einem
geschwächten Immunsystem überwin-
den die Tuberkuloseerreger die körper-
eigenen Abwehrmechanismen und kön-
nen sich hemmungslos vermehren. Die
Erkrankung ist nun aktiv, und beim Hus-
ten treten erneut Bakterien aus, die an-
dere Personen infizieren können (Tröpf-
cheninfektion). In der Regel infiziert ein
Patient mit einer aktiven Tuberkulose 15
weitere Menschen. Der Übergang von ei-
ner passiven zu einer aktiven Tuberkulo-
se erfolgt statistisch gesehen bei ca. 10 %
der Erkrankten. Eine Immunschwäche,
beispielsweise bedingt durch eine Infek-
tion mit dem HI-Virus erhöht die Wahr-
scheinlichkeit für einen Ausbruch der Er-
krankung um ein Vielfaches. Gerade in är-
meren Ländern gilt eine aktive Tuberku-
lose als erstes Anzeichen für einen Aus-
bruch von HIV und führt in den meisten
Fällen schnell zum Tod. Problematisch ist
Dr. Henrik Müller
(Haan), ist Herstel-
lungsleiter und Head of Production bei
Aesica Pharmaceuticals.
Die neuen Arzneimittel 2014
Ein pharmazeutischer Jahresrückblick