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Die neuen Arzneimittel 2014

XDR-Tuberkulose (Tb) teil. Der primäre

Endpunkt der Studie ist der Zeitraum bis

zur Sputumkonversion, das heißt bis zu

dem Zeitpunkt, bei dem keine Tuberkulo-

seerreger mehr im Auswurf nachweisbar

sind. Bezogen auf bisher 205 Patienten

mit ausreichenden Daten kam es in der

Bedaquilin-Gruppe im Median nach 57 Ta-

gen zur Sputumkonversion. In Woche 24

hatte bei 163 Patienten (79,5 %) eine Spu-

tumkonversion stattgefunden. Der Anteil

der Patienten mit Sputumkonversion in

Woche 24 war bei denjenigen mit MDR-

TB mit 87,1 % am höchsten, gefolgt von

den Patienten mit präXDR- (77,3 %) und

den XDR-TB-Patienten (55,6 %).

Fazit:

Bedaquilin stellt das erste seit 50 Jahren

neu entwickelte Medikament gegen My-

kobakterium tuberculosis dar. Zudem be-

inhaltet Bedaquilin ein völlig neues Wirk-

prinzip. Die mit 188 Tabletten für eine

Behandlungsdauer von 24 Wochen be-

stückte Packung Sirturo

®

liegt bei knapp

33.000 €. Um Resistenzen zu vermeiden,

sollte die Behandlung nur von erfahrenen

Ärzten durchgeführt werden. Als Orphan

Drug muss Sirturo

®

das Verfahren der frü-

hen Nutzenbewertung nicht durchlau-

fen.

1

Sofosbuvir (Sovaldi

®

) – Verbesserung in

der Therapie der Hepatitis-C-Infektionen

Zu den teuersten Innovationen des Jahres

2014 zählt der Polymeraseinhibitor Sofos-

buvir. Sovaldi

®

ist zugelassen zur Behand-

lung von Patienten, bei denen eine chro-

nische Hepatitis C diagnostiziert ist. Die

standardmäßige Behandlung erfolgt in

einer Kombinationstherapie mit Ribave-

rin (Copegus

®

) und Peginterferon alfa 2a

(Pegasys

®

). Für einige Patienten, die ei-

nen bestimmten Genotyp aufweisen, ist

es Dank Sofosbuvir erstmalig möglich, auf

die Interferontherapie zu verzichten. Der

mögliche Verzicht auf die intramuskuläre

Gabe von Peginterferon stellt einen be-

deutenden Vorteil dar. Man unterscheidet

sechs Genotypen der Hepatitis-C-Virus-In-

fektion (HCV). Die drei hauptsächlich vor-

kommenden Typen 1 bis 3 sind in Nordeu-

ropa wie folgt verteilt:

• 70 bis 80 % der Patienten sind mit

Genotyp 1 infiziert

• 10 bis 25 % der Patienten sind mit

Genotyp 2 infiziert

• < 10 % der Patienten sind mit

Genotyp 3 infiziert

Studien haben gezeigt, dass bei Pati-

enten, die den Virus mit Genotyp 2 bzw.

3 in sich tragen, die Kombination von So-

fosbuvir und Ribaverin schneller und in-

tensiver wirkt und sich durch eine bessere

Verträglichkeit auszeichnet als die Kombi-

nation von Ribaverin mit Peginterferon.

HCV-Infektionen betreffen rund 170 Mil-

lionen Menschen weltweit. 20% bis 25%

der Infizierten können das Virus, ohne zu

erkranken, spontan eliminieren. Alle an-

deren entwickeln über Jahre eine chro-

nische Hepatitis C. In vielen Fällen liegt

der Zeitpunkt der Ansteckung bereits

mehr als 20 Jahre zurück, bis die Erkran-

kung ausbricht. Im Verlauf kommt es zu

einer voranschreitenden Leberfibrose, aus

der sich bei einem Teil der Infizierten hö-

hergradige Leberzirrhosen und Leberkar-

zinome entwickeln können. In Deutsch-

land leben nach Schätzungen des RKI et-

wa 400.000 bis 500.000 Menschen mit ei-

ner chronischen HCV-Infektion. Pro Jahr

kommen etwa 5.000 neue Infektionsfälle

hinzu. Im Laufe der Jahre hat sich die An-

sprechrate auf die Therapie durch stetige

Weiterentwicklung der Therapieoptionen

enorm verbessert. Während Anfang des

21. Jahrhunderts die Ansprechrate unter

Ribaverin und Peginterferon alleine ledig-

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Fortbildung aktuell – Das Journal

der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

BERATUNGSRELEVANTE HINWEISE ZU BEDAQUILIN (SIRTURO

®

)

• Über 2 Wochen 1x täglich 400 mg (4 Tabletten zu je 100 mg) zu einer Mahlzeit ein-

nehmen; ab der 3. – 24. Woche 3 x 200 mg pro Woche (2 Tabletten zu je 100 mg)

mit mind. 48 Stunden Einnahmeabstand.

• Bedaquilin soll zum Essen eingenommen werden, da die Einnahme mit einer Mahl-

zeit die Bioverfügbarkeit um etwa das Zweifache erhöht.

• Die Behandlung erfolgt mit mindestens 3 anderen Antituberkulotika über 24 Wo-

chen.

• Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen am Herzen und in der Leber ist bei Pati-

enten mit erhöhtem Risiko für eine QT-Zeit-Verlängerung und bei schwerer Leber-

funktionsstörung Vorsicht geboten.

• Die Elimination von Bedaquilin ist noch nicht vollständig geklärt, läuft aber in vitro

hauptsächlich über CYP3A4. Daher ist der Einsatz von CYP-Induktoren wie Rifam-

picin oder die HIV-Therapeutika Efavirenz, Etravirin im gleichen Einnahmezeit-

raum genauso problematisch wie die Einnahme des CYP-Inhibitors Ritonavir.

DELAMANID (DELTYBA

®

) –

ZWEITER SIEGER NACH

BEDAQUILIN

• Ebenso wie Bedaquilin hat der Wirk-

stoff Delamanid 2014 eine Orphan-

Drug-Zulassung zur Behandlung pul-

monaler multiresistenter Tuberkulo-

se bekommen.

• Delamanid blockiert die Synthese

von Mykolsäuren für die Zellwände

von Mykobakterium tuberculosis (s.

Abb. 1).

• Die Einnahme von 2x täglich 100 mg

(2 Tabletten zu je 50 mg) erfolgt zu-

sammen mit einer Mahlzeit über 24

Wochen in Kombination mit ande-

ren Antituberkulotika.