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Schweizer Gemeinde 5/14

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MEHRWERTABSCHÖPFUNG

von öffentlichen Aufenthalts-

und Spielplätzen oder der Bau

eines Kindergartens. Es geht

darum, den Nutzen des abge-

schöpften Mehrwerts für die

künftigen Bewohner oder Ar-

beitenden im Auge zu behal-

ten. Weil die Mehrwertleistung

so in direktem Zusammenhang

mit der Überbauung steht, för-

dert sie die Akzeptanz, sowohl

bei den Grundeigentümern

und Bauherren als auch bei

den Stimmbürgerinnen und

Stimmbürgern. Das leistet ei-

nen Beitrag gegen die Zersie-

delung und hilft der Gemeinde

beim Umsetzen der Planungs-

ziele.

Dichter bauen dank höherer

Akzeptanz beim Stimmbürger

Die Mehrwertabschöpfung hat

sich in der langen Anwen-

dungszeit als problemloses In-

strument bewährt. Die Behör-

den haben nicht den Eindruck,

dass die Mieten oder die Kauf-

preise wegen der Abschöpfung

steigen. Grund ist, dass der

Bauherr seine Miet- und Kauf-

preise nicht nach dem Mehr-

wert kalkuliert. In der Regel

wird ein Marktzins verlangt – auch ein

Verkauf erfolgt zu Marktpreisen. Dank

der höheren Akzeptanz beim Stimmbür-

ger kann ein Bauherr dichter bauen.

Dies führt zu einem höheren Wert der

Liegenschaft. Kurz: Es entsteht eine

Win-win-Situation.

Aus raumplanerischer Sicht hilft die

Mehrwertabschöpfung, die Landflächen

zu schonen. Die Einwohnerzahl Ittigens

ist seit den 1960er-Jahren um den Fak-

tor drei gestiegen, auch die Arbeits-

plätze sind um den Faktor zwei bis drei

gestiegen. Dies alles war über Verdich-

tungen möglich, ohne zusätzliche Bau-

flächen einzuzonen – eine wichtige

Massnahme gegen die Zersiedelung.

Beat Giauque, Gemeindepräsident Ittigen

Fällig wird der Betrag, wenn der Mehr-

wert realisiert wird.

Mehrwert in Form von

Landanteilen abgeschöpft

Es sind aber auch andere Lösungen als

finanzielle Abgeltungen an die Ge-

meinde möglich. Bei der Überbauung

Kirschenacker etwa, die im Baurecht auf

Land der Burgergemeinde Bern reali-

siert wurde, wurde der Mehrwert in

Form von Landanteilen abgeschöpft.

Die Bernburger stellten sich während

der Verhandlungen auf den Stand-

punkt, sie würden viele soziale Aufga-

ben erfüllen. Trotzdem hat die Ge-

meinde dann einen Teil des Baulandes

ausgehandelt und erhalten. In einem

Vertrag können verschiedenste Werte

angerechnet werden, etwa das Erstellen

In Ittigen wird seit 1976 der

Mehrwert abgeschöpft. Die Ge-

meinde war damit unter den

ersten Gemeinden in der

Schweiz. Wesentliches Ziel der

damaligen Ortsplanung war, in

bestehenden Bauzonen eine

höhere Dichte zuzulassen und

die wertvollen Hangpartien der

Gemeinde freizuhalten. Die

Erhöhung der Ausnützungs-

ziffern in den Bauzonen hat be-

trächtlichen Mehrwert geschaf-

fen. Dies führte dazu, dass auch

die Auszonungen von den

Grundeigentümern entschädi-

gungslos akzeptiert worden

sind.

Kein kommunales Reglement,

sondern Richtlinie

Geregelt ist das Verfahren im

Grundsatz in Art. 142 des Bau-

gesetzes des Kantons Bern.

Das Gesetz besagt, der abge-

schöpfte Mehrwert müsse «für

bestimmte öffentliche Zwe-

cke» eingesetzt werden. Das

Geld soll also nicht in die lau-

fende Rechnung der Ge-

meinde fliessen. Im heute gel-

tenden kommunalen Baure-

glement wird der Gemeinderat

verpflichtet, «vor Genehmigung der

Planung von Überbauungsordnungen

in den Zonen mit Planungspflicht mit

den Grundeigentümern Verhandlun-

gen über die Abgeltung von Infrastruk-

turleistungen und/oder die teilweise

Abschöpfung von Planungsvorteilen

zu führen».

Die Regelung ist bewusst sehr flexibel

gehalten, es gibt kein kommunales Re-

glement, sondern lediglich eine Richt-

linie. InVerhandlungen kann sowohl die

planerische Situation als auch die wirt-

schaftliche Situation des Bauherrn be-

rücksichtigt werden. Um Willkür zu ver-

meiden, ist geregelt, wie der Mehrwert

berechnet werden soll. Entscheidend

ist der neue Verkehrswert des Baulan-

des bei Plangenehmigung. Aufgeteilt

wird der Mehrwert imVerhältnis 50 : 50.

Ein wichtiges Instrument

für Gemeinden

In der Gemeinde Ittigen hat sich die Mehrwertabschöpfung als problemloses Instrument bewährt.

Dabei sind auch andere Lösungen als finanzielle Abgeltungen möglich. Aus raumplanerischer Sicht

hilft die Mehrwertabschöpfung, die Landflächen zu schonen.

In Ittigen ist die Verdichtung nach innen

Bild: Gemeinde Ittigen

gelungen (Luftaufnahme aus dem Jahr 2012).