Schweizer Gemeinde 5/14
24
SIEDLUNGSENTWICKLUNG
gangs mit den drei kernnahen Sied-
lungsgebieten zu einem zentralenThema
der Ortsplanung erklärt und mit fol-
genden Massnahmen umgesetzt. In al-
len drei Gebieten wurde die Ausnüt-
zungsziffer halbiert. Auf der Grundlage
von detaillierten Studien und zahlrei-
chen Gesprächen mit den Grundeigen-
tümern wurde die Nutzfläche durch Nut-
zungskonzentration direkt oder indirekt
(Quartierplanpflicht) an die Ränder der
einzelnen Gebiete verlegt. Wo eine Kon-
zentration an den Rändern nicht mög-
lich war, wurde die Nutzfläche ausser-
halb des Ortskerns real ersetzt. Dazu hat
Maienfeld etwa 3000 m
2
Land einge-
zont. Als Mehrwertabschöpfung hat sie
die Abtretung der Hälfte des Bodens
vereinbart. Dieses Land wurde für den
Realersatz eingesetzt.
Was die Stadt erreicht hat
und Erfolgsfaktoren
Massgeblich für den Erfolg waren als
Grundlage ein Siedlungsinventar. Der
klare Auftrag der Kantonsregierung und
ein konsolidiertes Leitbild mit dem Auf-
trag der Bevölkerung. Die zielstrebige
Suche nach pragmatischen Lösungen
mit Mut zu ungewöhnlichen Schritten
wie der oben erwähnte Realersatz war
nötig. Und nicht zuletzt die intensive
Kommunikation mit den betroffenen
Grundeigentümern.
Orlando Menghini, Geschäftsleiter Stauffer & Studach Raumentwicklung, ChurDas ursprünglich ummauerte mittelal-
terliche Städtchen mit Schloss Brandis
bildet den Kern der Siedlung von Mai-
enfeld. Im 18. und 19. Jahrhundert ent-
wickelte sich die Stadt ausserhalb der
Stadtbefestigung zur sogenannten Vor-
stadt. Die Lage an wichtigen Handels-
wegen im Rheintal und über den Luzi-
steig sowie der Weinbau und die Land-
wirtschaft prägten das Muster der
Stadtentwicklung. Entstanden sind da-
bei baumartig verzweigte Siedlungs-
äste mit dicht bebauten Ausfallstrassen.
Siedlung und Kulturland sind eng mitei-
nander verflochten. Die Kulturland-
schaft ragt «fingerartig» bis an den
Stadtkern heran.
Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie
Chur–St. Margrethen im Jahre 1858
setzte eine neue Entwicklung der Stadt
in Richtung Süden ein. Im Bereich zwi-
schen Städtchen und Bahnhof sind neu-
zeitliche Wohn- und Arbeitsquartiere
entstanden. Mit dem Aufkommen der
Automobilität in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts setzte sodann die Zer-
siedelung mit Einfamilienhausquartie-
ren ohne räumlichen Bezug zum Stadt-
kern ein. Das Städtchen mit derVorstadt
ist heute als Ortsbild von nationaler Be-
deutung eingestuft.
Detailliertes Siedlungsinventar,
Leitbild und Ortsplanungsrevision
1988 hat die Kantonsregierung die Stadt
angewiesen, weitergehende Massnah-
men zur Erhaltung und Freihaltung der
wichtigen Siedlungsstrukturen in den
kernnahen Siedlungsbereichen zu tref-
fen. In der Folge hat die Stadt ein detail-
liertes Siedlungsinventar erarbeiten
lassen. Bei den drei kernnahen Sied-
lungsgebieten «Marschallgut», «Torkel-
wingert» und «Kruseckgasse/Lurgasse»
wurde dringender Handlungsbedarf
festgestellt.
1997 wurde die Ausnützungsziffer in
den drei Gebieten reduziert und eine
Quartierplanpflicht mit Nutzungskon-
zentration festgelegt. In der Folge ver-
suchten die Grundeigentümer ohne Er-
folg, Quartierplanungen durchzuführen.
Es gab Streit um die Frage, wo genau
verdichtet werden sollte.
Im Jahre 2002 hat der Stadtrat zusam-
men mit der Bevölkerung ein Leitbild
mit Leitlinien (vgl. Kasten) erarbeitet.
Der Stadtrat hat die Klärung des Um-
Dank kooperativer Planung
Siedlungsräume erhalten
Der Stadt Maienfeld gelang es, ihre prägenden Siedlungsräume und damit das Ortsbild
von nationaler Bedeutung sowie wertvolles Kulturland zu erhalten. Massgeblich für den Erfolg
waren unter anderem Leitlinien, die der Stadtrat zusammen mit der Bevölkerung erarbeitet hat.
Siedlungsentwicklung. Gelb sind die Neu-
baugebiete aus dem 20. Jahrhundert.
Zonenplan 2010.
Grafiken: Stauffer & Studach
Die Pfeile zeigen die Verdichtungen.
Die Resultate
Reduktion der Bauzonen um über
vier Hektar durch Abzonung, Nut-
zungskonzentration, Verdichtung und
Nutzungsverlegung. Beschränkung
der Bevölkerungszunahme.
Erhaltung von über vier Hektar Kul-
turland. Erhaltung von ortsbildprägen-
den Siedlungsfreiräumen und des
Ortsbildes von nationaler Bedeutung.
Die Leitlinien
Max. ein Prozent Bevölkerungswachs-
tum pro Jahr (Steuerung mit Zonen-
plan). Pflege des Ortsbildes (Bauten
und Grünflächen). Lösung der Kon-
flikte zwischen Rebland und Bauland.
Reduktion des Verkehrs im Ortskern.