das eingeleitete Ermittlungsverfah-
ren mangels Beweises ergebnislos.
Umso schlimmer müssen Not und
Verzweiflung der Kinder gewesen
sein. Wie bewältigt man ein solch
schreckliches, unfassbares Ge-
schehen? Welche Hilfe mag es da-
mals gegeben haben? Der familiäre
Zusammenhang war zerstört und
verloren. Das Haus wurde aufgege-
ben, der Vater lebte aber weiter
in einem angemieteten Zimmer in
der Nachbarschaft. Drei der Kinder
fanden sich in Köln wieder, darunter
Gertrud. In welchem klösterlichen
Institut sie dort Aufnahme gefun-
den haben soll, ist nicht bekannt.
Konkret wird die Überlieferung zu
ihrem Leben dann wieder für das
Jahr 1842. Am 18. Oktober trat
sie in die damals gerade fünf Jah-
re bestehende Gemeinschaft der
‚Schwestern der Liebe vom Hei-
ligen Carl Borromäus‘ in Maastricht
ein, wozu auch die damals übliche
Mitgift gehörte, die Gertrud einbrin-
gen konnte. Ihr Vater, der verarmt
1849 in Rheinbach gestorben ist,
soll sie noch einmal in Maastricht
besucht haben. Ob sie den Aus-
steuerbetrag auch deshalb leisten
konnte, weil ihr durch den Verkauf
des Elternhauses schon ein Erbteil
zufiel, lässt sich vielleicht vermuten.
Die Jahre in Maastricht
In Maastricht jedenfalls begann sie
ihrenWeg als Ordensfrau. Sie erhielt
den Klosternamen ‚Seraphine‘
1
. Die
Gründerin der Gemeinschaft, in der
Seraphine dann auch nach dem
Noviziat ihre Gelübde ablegte, war
Elisabeth Gruyters (1789 – 1864).
Sie stammte aus der Nähe und ge-
hörte zu den großen Persönlich-
keiten der Caritas ihrer Zeit und
ihrer Region. Mit 32 Jahren war sie
nach Maastricht gekommen, um
1 Das ist die weibliche Form von ‚Seraph‘. Die im
Plural ‚Seraphim‘ genannten Engel umstehen
nach der Vision des Propheten Jesaja (6,1–7) den
Thron Gottes und lobpreisen ihn. Ihr Gesang findet
sich im ‚Sanctus‘ der Liturgie wieder: „Sie riefen
einander zu: Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr
der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die ganze
Erde erfüllt“ (Jes 6,3).
bei einer vermögenden Familie als
Haushälterin zu arbeiten. Getragen
und gestärkt durch ihre tiefe Fröm-
migkeit, ließ sie sich vom Schicksal
notleidender Menschen berühren.
Maastricht hatte stark unter den
Auswirkungen der Napoleonischen
Kriege zu leiden. Wirtschaftlicher
Niedergang, die Folgen von Kon-
tributionen und Plünderungen wirk-
ten sich besonders auf die Armen,
Schwachen und Hilflosen aus. Im
Zusammenwirken mit Dechant
van Baer, Pfarrer an St. Servatius,
konnte sie dann 1837 ihre Grün-
dung vollziehen. ‚Zusters Onder de
Bogen‘ – ‚Schwestern unter dem
Bogen‘, so wurden sie nach ihrem
1845 bezogenen Mutterhaus in
der alten Propstei von St. Servati-
us bald genannt. Der ‚Bogen‘ aus
dem Mittelalter verbindet bis heute
den Westbau der Servatiusbasilika
mit dem Mutterhauskomplex. Die
Schwestern widmeten sich zu-
nächst der Pflege und Versorgung
von Kranken, alten Menschen und
auch der Waisenbetreuung.
Im Alter von 27 Jahren übernahm
Schwester Seraphine dann die
Leitung des Waisenhauses in der
Maastrichter Lenculenstraat. Zehn
Jahre sollten es werden und of-
fenbar meisterte sie ihren Dienst
sehr gut. So war es dann sicher
schlüssig, dass Mutter Elisabeth
sie mit der ersten Filialgründung der
‚Schwestern unter dem Bogen‘ im
30 Kilometer entfernten Sittard be-
auftragte. Mit sechs Mitschwestern
traf sie dort im Oktober 1857 ein.
Die Stadtverwaltung stellte den Or-
densfrauen das ehemalige Kloster
der Dominikanerinnen St. Agneten-
berg zur Verfügung. Das Gebäude
An St. Servatius – Der Torbogen zwischen Kirche und Kloster
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CellitinnenForum 3/2015
Glauben | Leben