Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014) - page 8

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Fortbildung aktuell – Das Journal
der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Arzneimittel in der Schwangerschaft
siko größer. Daher sollten in der Schwan-
gerschaft nach Möglichkeit Monothera-
pien eingesetzt werden.
Eine große Hilfe sind Leitlinien, die Emp-
fehlungen für Therapien während der
Schwangerschaft geben. Eine Sammlung
solcher Leitlinien findet sich beispielswei-
se auf den Seiten der Genfer Stiftung für
Medizinische Ausbildung und Forschung:
-
gerschaft_Neugeborenes_d/Schwanger-
schaft_Neugeborenes_mt.htm.
Die Plazenta: eine Schranke?
Oft wird von einer „Plazenta-Schranke“
gesprochen, ein Begriff, der analog der
Blut-Hirn-Schranke eine Barrierefunkti-
on suggeriert, die das Kind schützt. Aber
stimmt das so? Die Plazenta ist ein fetales
Organ, das ausdrücklich für den Transfer
von Stoffen mit weit variierenden physi-
ko-chemischen Eigenschaften gebildet
wird.
12,13
Arzneistoffe passieren die Plazenta haupt-
sächlich durch Diffusion. Sie ist möglich
für kleine (<1000 Da), lipophile, nicht-io-
nisierte Moleküle. Der geschwindigkeits-
begrenzende Schritt ist die plazentare
Durchblutung. Hydrophile Verbindungen
(zum Beispiel Cimetidin, Fenoterol) pas-
sieren die Plazenta auf dem parazellu-
lären Weg. Ihre Permeabilität ist um et-
wa 80 Prozent geringer als für lipophi-
le Stoffe. Außerdem enthält die Plazen-
ta eine große Anzahl von In- und Efflux-
pumpen, die den Transport von Verbin-
dungen gemäß ihrer Substratpräferenzen
vermitteln. Beispiele sind organische An-
ionentransporter (OAT), organische Kat-
ionentransporter (OCT), das organische
Anionen transportierende Peptid (OATP)
und ATP-binding cassette (ABC) Transpor-
ter. Außer durch Diffusion können Arznei-
stoffe auch durch Transporter für Nähr-
stoffe (zum Beispiel Aminosäurecarrier,
Glukosecarrier etc.) transportiert werden.
Phagozytose und Pinozytose sind vermut-
lich zu langsam, um einen signifikanten
Einfluss zu haben.
13
Arzneimittel mit einem hohen Molekular-
gewicht (Heparin 6-20 kDa, Insulin 6 kDa)
passieren die Plazenta dagegen nicht.
14,15
Einige Arzneistoffe mit extrem hoher Pro-
teinbindung und einer kurzen Halbwerts-
zeit wie zum Beispiel Glibenclamid errei-
chen den Fetus vermutlich ebenfalls nicht
in klinisch relevantem Ausmaß.
15
Dazu
gibt es erste Studien, die sich allerdings
noch nicht in veränderten Therapiege-
wohnheiten für Diabetes in der Schwan-
gerschaft niedergeschlagen haben: Noch
immer ist Insulin das Mittel der ersten
Wahl, auch wenn es sich um einen Typ
2-Diabetes handelt.
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Ein weiterer Weg der Arzneistoffexpo-
Abbildung 1:
Arzneimittel in der Schwangerschaft.                 
Foto: cirquedesprit – Fotolia.com
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