Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014) - page 17

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Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 17
ne äußerst geringe Bioverfügbarkeit. Die
gleichzeitige oder auch nur gering ver-
setzte Aufnahme von Nahrung, sowie die
Chelatbildung mit Ca
2+
-Ionen aus Milch,
aber auch aus Mineralwässern oder Fe
2+
-
Ionen reduzieren noch weiter ihre Biover-
fügbarkeit, verbunden mit einem unbe-
merkten Therapieversagen.
Weitere Gründe und Beispiele für eine
Veränderung
der
Bioverfügbarkeit
First-pass-Effekt (verstärkte Wirkung)
Die Bioverfügbarkeit, also das Ausmaß
des Auftauchens des Arzneistoffs im sy-
stemischen Kreislauf, kann auch beein-
trächtigt sein, wenn eine Substanz einer
präsystemischen Metabolisierung (First-
pass-Effekt) unterliegt. Die Schwierig-
keiten beim Einsatz eines Arzneistoffs mit
First-pass-Effekt bestehen darin, dass ab
einer bestimmten Dosis plötzlich überpro-
portionale Konzentrationsanstiege des
Wirkstoffs und damit gefährliche Begleit-
wirkungen hervorgerufen werden. Der
First-pass-Effekt lipophiler Basen ist durch
Nahrungsbestandteile deutlich vermin-
dert und somit die Bioverfügbarkeit/Wir-
kung einiger
β
-Rezeptorenblocker, wie
zum Beispiel Propranolol und Metoprolol,
erhöht. Zusammen mit dem Frühstück
eingenommen sind deren Blutspiegel
höher (> 40 Prozent), als wenn sie nüch-
tern eingenommen werden. Die Ursache
liegt darin, dass die Leberenzyme mit
dem Verdauen gehaltreicher, fetthaltiger
Nahrung beschäftigt sind und so während
dieser Zeit die genannten Arzneistoffe
dem ersten Lebermetabolismus entgehen.
Deshalb wirken diese stärker als gewohnt.
Auch die gesteigerte postprandiale Leber-
durchblutung durch die Nahrung (Protei-
ne) ist wahrscheinlich mitbeteiligt.
Andere
β-
Blocker, wie Penbutolol (Beta-
pressin®) und Pindolol (Visken®) werden
dagegen nicht durch eine gleichzeitige
Nahrungsaufnahme beeinflusst, obwohl
auch sie einem First-pass-Effekt unter-
liegen. Atenolol (Tenormin®) und Sota-
lol (Sotalex®) unterliegen als hydrophile
β-
Blocker keiner präsystemischen Clea-
rance und können auf diese Weise nicht
durch Nahrungsmittel beeinflusst sein.
Drei Arten von
β-
Blockern gilt es zu un-
terscheiden:
a) β
-Blocker mit First-pass-Effekt, die ei-
ner Beeinflussung hinsichtlich ihrer
Wirkungsstärke durch die Nahrungs-
aufnahme unterliegen,
a) β
-Blocker, die einem First-pass-Effekt
unterliegen, die nicht durch Nahrungs-
aufnahme beeinflussbar ist und
a) β
-Blocker, die überhaupt keinen First-
pass-Effekt aufweisen.
Ein anderer Arzneistoff für den unter a)
beschriebenen Fall ist Hydralazin (in Tre-
loc®, Trepress®). Durch Nahrungsaufnah-
me ist die AUC mehr als verdoppelt, da
First-pass in Darmzellen reduziert ist.
Andere Arzneistoffe für den unter b) be-
schriebenen Fall sind beispielsweise Pra-
zosin und Amitriptylin.
First-pass-Effekt (Verringerung der Bio-
verfügbarkeit)
Chlorpromazin:
Verlangsamung der Magenentleerung
und dadurch Anstieg des First-pass-Ef-
fekts und Verringerung seiner Bioverfüg-
barkeit.
Levodopa:
Abnahme der systemischen Bioverfügbar-
keit durch Vitamin B6 in der Nahrung (Be-
schleunigung der präsystemischen Clea-
rance).
Theophyllin
Wegen seiner geringen therapeutischen
Prof. Eugen Verspohl
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Fortbildung aktuell – Das J urnal
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Fortbildung ktu ll – Das Journal
p
hinweise:
Gruppe a
(Propranolol, Metoprolol): unbedingt
zum gleichen Zeitpunkt (gleicher Ab-
stand zur Nahrungsaufnahme), am
besten zur Mahlzeit für den mög-
lichst höchsten Effekt. Ein Metopro-
lol-Präparat mit „Zero-Order Kine-
tik“ (Beloc-Zok®, übrigens 1990 die
erste Multi-unit Tablette) kann mit
oder ohne Nahrung eingenommen
werden, da es sehr kleine Pellets (
Ø
0,5mm) als Diffusionszelle aufweist
und unauffällig für diese Problema-
tik ist.
Gruppe b
(Penbutolol (Betapressin®) und Pin-
dolol (Visken®)): kein Hinweis not-
wendig
Gruppe c
(Atenolol (Tenormin®) und Sotalol
(Sotalex®)): kein Hinweis notwendig.
hinweise:
• Einnahme aller Bisphosphonate
mit viel Leitungswasser (>250ml)
wegen der Gefahr der Entzün-
dung der Speiseröhre, Anwen-
dung im Sitzen (auch danach für
30 Minuten nicht hinlegen)
• Alendronat (Fosamax®), Rise-
dronat (Actonel®): Einnahme
morgens nüchtern mit einem
vollen Glas Leitungswasser (nicht
Mineralwasser). Andere Medika-
mente, wie Antacida und Mine-
ralstoff-Präparate mit 30 Minu-
ten Abstand einnehmen.
• Clodronat (Bonefos®), Etidro-
nat (Didronel®): Nicht mit Milch
einnehmen, ferner eine Stunde
(Clodronat) bzw. zwei Stunden
(Etidronat) vor und nach der Ein-
nahme nichts essen.
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