Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 21
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Fortbildung aktuell – Das J urnal
Nr. 1/2014 der Ap thekerkammer Westfalen-Lippe
Fortbildung ktuell – Das Jou nal
Prof. Eugen Verspohl
te „Nährstoffräuber“ sein, was zur Nähr-
stoffunterversorgung führt. Hervorgeru-
fene Erniedrigung von Folsäure, Pyridoxin
und Riboflavin, ferner von Calcium, Fluor
oder Jod. Nebenwirkungen von Arznei-
stoffen lösen dies aus:
• Einfluss auf Appetit, Erbrechen, Übel-
keit (Nausea), Störung des Geschmacks
empfindens für süß – sauer, Mundtro-
ckenheit (Xerostomie), Obstipation
und Durchfall.
Nicht eingegangen werden konnte auf
die essensgerechte Einnahme von Arznei-
stoffen, zum Beispiel Antidiabetika, die
sich eigentlich aus der Kenntnis des jewei-
ligen Wirkungsmechanismus erschließt:
Sulfonylharnstoffe/GLP-1 Agonisten 30
Minuten vor einer Mahlzeit, Nateglinid
und Repaglinid direkt vor einer Mahlzeit,
Metformin nach einer Mahlzeit, Pioglita-
zon irgendwann, Acarbose und Miglitol
kurz vor dem Essen (oder beim ersten Bis-
sen).
Referenzen & Literatur
1
Verspohl EJ (1996) Interaktionen zwischen Nah-
rungsmitteln und Arzneistoffen. Hager Supple-
ment-Band „Waren und Dienste“. Springer-Ver-
lag
2
Verspohl E.J. (2001) Wechselwirkungen von Arz-
neimitteln mit Nahrungsmitteln. In: S.-D. Müller
(Hrsg.) Praxis der Diätetik und Ernährungsbera-
tung. Hippokrates-Verlag S. 483-515
3
Merkus G.W.G.M. (1984) Arzneimittel vor, wäh-
rend oder nach der Mahlzeit? Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft, Stuttgart (vergriffen)
4
Wunderer H. (2000). Arzneimittel richtig ein-
nehmen. Govi-Verlag, Eschborn.
Eine ausführliche, Indikations-bezogene Liste kann
beim Autor (
) angefor-
dert werden.
zUSAMMENFASSUNG:
Die hier aufgeführten Wechselwirkungen stellen natürlich nur einige Beispiele/
Hinweise dar. Eine einfache Take-home Message gibt es nicht, siehe aber Hinwei-
se. Sensibilisiert sein sollte man bei:
• Antibiotika
• Polykationen (auch Milchprodukte)
• Bisphosphonaten
• Grapefruit
• Tannin-haltigen Getränken.
Komplette Listen sind natürlich notwendig (siehe Literatur links unten), zumal die
Fachinformationen und Beipackzettel unvollständig und in seltenen Fällen sogar
falsch sind. Für die Praxis sind elektronische Hilfen nützlich und sollten verwendet
werden. Dies zwingt beratende Apothekerinnen und Apotheker aber immer zu
Einzelentscheidungen: Zeitlicher Abstand oder besser Verzicht? Nüchterneinnah-
me evtl. sinnvoll aus pharmakokinetischer Sicht, dennoch Verabreichung zum Es-
sen manchmal sinnvoll aus Sicht der Compliance. Pauschale Vorhersagen (Analo-
gien) sind schwierig, da komplexe Einflussgrößen wie Patientenstatus, Ernährung
und Arzneimitteldosis zu berücksichtigen sind.
Empfehlungen verkürzt zusammengefasst:
• Akuttherapie: Wenn nichts dagegen spricht, Einnahme der Arzneimittel zum
oder direkt nach dem Essen mit einem Glas Leitungswasser (andere Getränke
erst mit 2 Stunden Abstand): schnelle Wirkung, wenn auch oftmals weniger gut
verträglich
• Magenempfindlich: zur Mahlzeit, eine geringere Bioverfügbarkeit in Kauf neh-
mend
• Retardformulierung: immer gleicher Abstand zur Nahrung
• Magensaftresistente Formulierung: monolithische immer nüchtern, Pellets
zur Mahlzeit.
„Analog-Wissen“, also Ableitungen aus verwandten Arzneistoffen sind gefähr-
lich, da unzuverlässig. Nur mit Kompetenz ist die Arzneimitteltherapiesicherheit
zu erhöhen.