Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014) - page 20

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Fortbildung aktuell – Das Journal
der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Alkohol
Im Gegensatz zur häufig geäußerten Mei-
nung ist nicht bei allen Antibiotika Vor-
sicht geboten: Vorsicht nur bei Isoniazid,
Metronidazol, Doxycyclin und Erythomy-
cinethylsuccinat (nur in Säften). Zusätzlich
können unkontrollierbar verstärkende
Effekte auftreten, beispielsweise von
Beruhigungs- und Blutdruckmitteln und
Resorptionssteigerungen allgemein. Vor-
sicht ist bei der Einnahme von Metformin
geboten.
Coffein-haltige Getränke (Kaffee,
Schwarz-, Grün- oder Matetee und Cola)
Die Interaktionen von Coffein-haltigen
Getränken, wie Kaffee, Schwarz-, Grün-
oder Matetee und Cola, mit Arzneimit-
teln sind sehr komplex und unübersicht-
lich. Dazu seien nur einige Beispiele ge-
nannt:
• Schmerzmittel: Coffein verstärkt ihre
Wirkung, zumindest ist das Anfluten
beschleunigt. Dies wird leider in im-
mer wieder gescholtenen Kombinati-
onspräparaten ausgenutzt. Aber die
zusätzliche Kombination beispielswei-
se mit Cola kann auch zu Herzflattern
führen.
• Antidiabetika: Coffein kann den Effekt
von Diabetes-Medikamenten verstär-
ken, was zu einem stärkeren Abfall des
Blutzuckers führen kann.
• Clozapin – Leponex®: Der Metabolis-
mus ist gehemmt (beide CYP1A2 Sub-
strate)
• Die Coffein-Wirkung wird durch Rau-
chen und Rifampicin erniedrigt (
Cof-
fein-Clearance).
• Die Coffein-Wirkung wird durch Etha-
nol, Ciprofloxacin und Cimetidin er-
höht (
Coffein-Clearance).
• Die Wirkung von Li
+
wird abge-
schwächt (
renale Clearance).
Grüntee
Durch das Trinken großer Mengen von
grünem Tee (täglich über 700ml über 14
Tage) wird das Organo-Anionentranspor-
ter-Polypeptid (OATP) 1A2 gehemmt (Epi-
gallocatechin-3-gallat und Epicatechin-
3-gallat). Die OATP sind für den Transport
zwischen Enterozyten und intestinalem
Lumen (intestinaler Transporter) verant-
wortlich. Es gibt verschiedene: OAT (Or-
gano-Anion-Transporter) und OCT (Orga-
no-Cation-Transporter). Diese Transporter
sind auch durch Fruchtsäfte, wie Apfel-
saft, Grapefruitsaft und Orangensaft ge-
hemmt. Substrate der Transporter sind Fe-
xofenadin (Antihistaminikum der 3. Gene-
ration), Talinolol (
β-
Rezeptorenblocker),
Etoposid (Zytostatikum) und Aliskiren
(Renin-Inhibitor).
Nahrungszusammensetzung von Bedeu-
tung
Es geht also nicht um die Frage „Medika-
ment mit oder ohne Nahrung“, sondern
darüber hinaus (Bedeutung von Essensbe-
standteilen/qualitative Nahrungszusam-
mensetzung). Dazu folgen ein paar Ein-
zelbeispiele:
• Kohlenhydratreich: Erhöhung der Blut-
spiegel von Theophyllin, Erniedrigung
der von Indometacin und Paracetamol
(schlechte Resorption)
• Eiweißhaltig: Senkung der Blutspiegel,
beispielsweise Phenazon (Eu-med®),
Theophyllin (Abbausteigerung) und
Levodopa (Senkung der Bioverfügbar-
keit durch Erhöhung des First-pass-Ef-
fekts)
• Fetthaltig/Galle: Die gleichzeitige Auf-
nahme von Fett und die durch Fett in-
duzierte Sekretion von Galle mit sei-
ner emulgierenden Wirkung erhöht
die Absorption von lipophilen Arznei-
stoffen (beispielsweise Spironolacton,
Griseofulvin, Riboflavin und Sulfape-
rin)
• Ballaststoffe (Vollkorngetreide, Gemü-
se, Hülsenfrüchte oder Obst): Verrin-
gerung der Bioverfügbarkeit sehr vie-
ler Arzneistoffe und Verzögerung der
Aufnahme im Dünndarm (zum Bei-
spiel Schmerzmittel, Penicillin, Trime-
thoprim, Levothyroxin, Doxepin, trizy-
klische Antidepressiva, Lovastatin (evtl.
andere Statine)).
Umgekehrte Betrachtungsweise:
Wirkung auf den Körper, was zu einer
Mangelversorgung führt
Bisher stand die Veränderung der Arznei-
mittelwirkung durch Nahrung im Vorder-
grund. Nur am Rande soll erwähnt sein,
dass auch Veränderungen der Nahrungs-
verwertung durch Arzneimittel statt-
finden. Medikamente können verkann-
Komplikationen durch Nahrungs- und Genussmittel
hinweis:
Die Coffein-Interaktionen sind ex-
trem komplex. Coffein-haltige Ge-
tränke sollten während einer Be-
handlung mit Arzneistoffen pauschal
nicht getrunken werden.
hinweis:
Besser zwischen Müsli/Vollkornbrot
und der Medikamenteneinnahme
zwei Stunden vergehen lassen.
hinweis:
Aus pauschaler Vorsicht auf Alkohol
verzichten.
hinweis:
Sondennahrung darf wegen sei-
ner pH-empfindlichen Bestandteile
niemals mit Arzneistoffen kombi-
niert werden, also immer Zwischen-
„Spülung“ oder parenterale Arznei-
stoffgabe.
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