Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 19
Nifedipin, Nitrendipin, Amlodipin besit-
zen Bioverfügbarkeiten von 50 bis 70 Pro-
zent, 20 bis 30 Prozent bzw. 64 bis 80 Pro-
zent und unterliegen nur einem geringen
First-Pass-Effekt.
Milch/Ca
2+
-Ionen
Interaktion von Milch, einschließlich
Milchprodukten, wie Käse, Joghurt oder
Quark sind für Fluoride und Bisphospho-
nate bereits erwähnt. „Analog-Wissen“
bzw. analoge Ableitung ist gefährlich: Die
bekannte Interaktion gilt nur für Tetra-
cyclin (Achromycin®) und Oxytetracyclin
(Tetra-Gelomyrtol®). Dagegen haben Do-
xycyclin (Vibramycin®, Azudoxat®) und
Minocyclin (Klinomycin®, Skid®) nur eine
geringere Affinität zu Ca
2+
-Ionen.
Überbewertete bzw. falsch bewertete
Interaktionen
a) Vitamin K-reiche Lebensmittel
Vitamin K ist für die biologische Aktivität
von bestimmten Gerinnungsfaktoren not-
wendig und läuft der Wirksamkeit von
oralen Antikoagulantien, die Vitamin K-
Antagonisten sind (Phenprocoumon und
Warfarin), zuwider.
Reich an Vitamin K sind:
• grünes Gemüse beispielsweise Spinat,
Kopfsalat): 200 bis 400 µg pro 100g
• Kohlsorten (zum Beispiel Brokkoli, Blu-
men- und Rosenkohl, Kohlrabi), ferner
Bohnen, Sojabohnen, Erbsen, Spargel,
Sauerkraut (1500 µg pro 100g)
• Rindfleisch (200 µg pro 100g).
Die möglichen Folgen der Interaktion
könnten Thrombose und Schlaganfall
durch Unwirksamwerden des Arzneistoffs
sein.
b) Tyramin
Tyramin ist ein indirektes Sympathomi-
metikum (biogenes Amin) und entsteht
hauptsächlich durch Reifeprozesse bei
längerer Lagerzeit aus Tyrosin, einem Ei-
weiß-Abbauprodukt, das in pflanzlichen
und tierischen Lebensmitteln enthalten
ist. Es befindet sich in Bier, Wein, reifem
und überreifem Käse (in Appenzeller
22 bis 48mg/100 g), Leber, eingelegten
Heringen (Salzheringe) und Salami (11 bis
54mg/100 g), Hefe, Joghurt, Sauerkraut,
weißen Bohnen sowie Ei und Kaviar. Da-
gegen ohne Bedeutung sind – obwohl
häufig anders berichtet – Chianti, Bana-
nen und Schokolade.
MAO-Hemmstoffe (Monoaminoxidase-
Hemmer), die eigentlich Stimulantien
und weniger Stimmungsaufheller (Anti-
depressiva) sind und auch bei Parkinson
angewendet werden, hemmen den Tyra-
min-Abbau. Es kann zu erheblichen Blut-
druckschwankungen, also Anstiegen als
auch Abfällen, bis zu Hirnblutungen kom-
men. Dies ist vor allem bedeutsam, wenn
auch die MAO-B gehemmt ist.
• Tranylcypromin (Jatrosom®): irreversi-
ble Hemmung der MAO-A und -B
• Moclobemid (Aurorix®): reversible
Hemmung der MAO-A
• Linezolid (Zyvodix®): reversible Hem-
mung der MAO-A und -B
• Selegilin (Movergan®), Rasagilin (Azi-
lect®): irreversible Hemmung der
MAO-B: Hier ist die Beachtung der Ty-
ramin-Zufuhr nicht notwendig.
c) Folsäure (Vitamin B9)
Der Folsäurespiegel (5mg Substitution
durch Präparate) wird durch Nahrungs-
bestandteile nicht erreicht, um den Phe-
nytoinspiegel zu reduzieren. So enthal-
ten weiße Bohnen (300 µg/100 g), Kalbs-
leber (240 µg/100 g), Grüngemüse (100-
200 µg/100 g).
Sondennahrung (PEG = perkutane endo-
skopische Gastrostomie)
Prof. Eugen Verspohl
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Fortbildung aktuell – Das J urnal
Nr. 1/2014 der Apothekerkammer Westfalen-Lipp
Fortbildung ktuell – D s Journal
hinweis:
Nifedipin, Nitrendipin und Amlodipin
sollen zur Mahlzeit in unretardierten
Arzneiformen eingenommen wer-
den.
hinweis:
Zwei Stunden Abstand einhalten.
Nur in Ausnahmefällen, zum Bei-
spiel bei Übelkeit und Erbrechen,
einige Tetracycline zur Mahlzeit ein-
nehmen, unter Inkaufnahme einer
herabgesetzten Bioverfügbarkeit.
Eine Alternative ist, auf Pharma-
ka wie Doxycyclin oder Minocyclin
überzugehen. Zwar steht Milch im
Vordergrund, aber was für Ca
2+
-
Ionen gilt, ist auch für Mg
2+
- und
Fe
2+/3+
-Salze gültig.
hinweis:
Diese Interaktion ist entgegen vieler
Informationen nicht so problema-
tisch. Probleme kann nur ein plötz-
liches Absetzen von sehr hohen
Mengen eine der genannten Gemü-
sesorten bereiten, also die Korrektur
einer extrem einseitigen Ernährung.
Diätetika/Nahrungsergänzungsmittel
oder Vitamin-Brausetabletten liegen
nur Tageszufuhrmengen von 80 µg
zu Grunde. Als wirksames Antidot
werden dagegen 2000 µg eingesetzt,
was die gemachte Relation verdeut-
licht.
hinweis:
MAO-A Hemmer nicht gleichzeitig
mit tyraminhaltiger Kost einnehmen.
Von der Häufigkeit ist diese Interakti-
on allerdings überbewertet. Vorsicht:
Die Interaktion kann durch lang dau-
ernde Enzymhemmung noch einen
Monat nach Beendigung der Thera-
pie auftreten.