Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014) - page 26

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Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Der Sicherheitsgurt in der Psychopharmakotherapie
l
de Apothek kammer Westfalen-Lippe
Lösungsinstrumente zur Erhöhung der
AMTS in der Selbstmedikation sind in die-
sem Fall:
• Kundenkonto
Kenntnis der weite-
ren Medikation
• Medikationsplan
Gesamtüberblick,
ermöglicht das Erkennen von ABP
• Sensibilität für die Rolle der Ko-Medi-
kation/ Begleiterkrankungen
• Wissen um die Unterschiede einzelner
Substanzen
• W-Fragen konsequent anwenden.
Informationslücke versus Informations-
flut
Die Bereitstellung von erlangtem Detail-
wissen ist eine der Grundlagen für die re-
flektierte Arzneimittelabgabe im OTC-Be-
reich. Problematisch sind dabei die Phäno-
mene des Vergessens, des Noch-nicht-Wis-
sens und das schiere Übermaß an Informa-
tionen zu jedem einzelnen Arzneistoff.
Einen Umgang mit diesen Stolpersteinen
ermöglichen einfache Werkzeuge wie der
Verkaufshinweis bei potentiell inadäqua-
ten Medikamenten (PIM) sowie die Mar-
kierung der Schubladen bzw. Regalböden
in der Sichtwahl (vgl. Anm. 9). Beide In-
strumente sensibilisieren VOR der Arznei-
mittelabgabe zum Stellen der richtigen
W-Frage im passenden Moment. Eben-
falls schnell gemacht ist ein Interaktions-
check mit der ABDA-Datenbank, er dau-
ert auch beim Laufkunden nur wenige
Sekunden, liefert dafür die Quintessenz
aus der Überfülle von (un-)bekannten In-
formationen und gewährleistet die hoch-
wertige Beratung in situ.
Interaktionen II: Torsade de pointes (TdP)
Mit zunehmender Anzahl an Medikamen-
ten nimmt auch die Interaktionswahr-
scheinlichkeit zu, eine wesentliche Auf-
gabe des pharmazeutischen Personals
ist deren Detektion mittels CAVE-Modul
und der sichere Umgang mit den resultie-
renden Meldungen. Konsequente Folge
ist die fachkundige Bewertung (Folgen-
abschätzung und Beurteilung des Gefähr-
dungsgrades) sowie die Entscheidung, ob
und gegebenenfalls welche Maßnahmen
eingeleitet werden müssen.
en für gut quantifizierbare Wech-
selwirkungsfolgen, wie Blutdruckan-
stiege oder Auswirkungen auf den Blut-
zucker, sind gut nachvollziehbar und
dem Patienten leicht zu erklären: Es be-
darf lediglich eines geeigneten Messge-
rätes zur Bestimmung des Schweregrades
der Interaktion. Der Patient oder pfle-
gende Angehörige können – nach Aufklä-
rung – die Überwachung selbst überneh-
men. Schwieriger ist die Lage beim teils
ungewohnten Umgang mit CAVE-Mel-
dungen, die einerseits häufig vorkom-
men, deren Lösung sich andererseits nicht
auf den ersten Blick erschließt. Kardioto-
xische Interaktionen zählen dazu. Am Bei-
spiel der Torsade-de-pointes-Arrhythmie
soll der professionelle Umgang mit kom-
plexeren Interaktionen erläutert werden.
Torsade de pointes – kurz auf den Punkt
TdP sind eine Sonderform der ventriku-
lären Tachykardie, das heißt die Herz-
kammern weisen eine charakteristisch be-
schleunigte Schlagfrequenz auf. Im EKG
zeigt sich ein typischer spindelförmiger
Verlauf mit periodischer Änderung der
Amplitude. Problematisch ist die damit
einhergehende Kreislaufinsuffizienz, wel-
che über Schwindel bis hin zur kardialen
Synkope (Ohnmacht) reichen kann. Häu-
fig sind die Beschwerden selbstlimitie-
rend, eskalierende Verläufe bis hin zum
tödlichen Ausgang sind möglich. Kon-
krete Angaben zu Prävalenz und Inzidenz
fehlen aufgrund der Seltenheit der TdP,
retrospektiv lassen sich jedoch Risikofak-
toren ermitteln. Typisch ist das gleichzei-
tige Auftreten verschiedener Risikofak-
toren (Abbildung 2), insbesondere Psy-
chopharmaka weisen kardiotoxische Ne-
benwirkungen auf. Multimorbidität und
Polypharmazie können die kardiotoxische
Vulnerabilität weiter steigern, so dass der
Apotheke eine wichtige Funktion der
Früherkennung der medikamentenindu-
zierten TdP zukommt.
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Strukturierte Abläufe eines Medikations-
managements ermöglichen eine Risiko-
bewertung sowie gegebenenfalls die Ein-
leitung der risikolimitierenden Maßnah-
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Abbildung 4: Risikofaktoren für TpP
Risikostratifizierung – Grundlage für überlegte E tsch idu gen
Wesentlich zur Beurteilung der Situation ist eine Risikostratifizierung, das heißt die
Anzahl und Ausprägung der Risikofaktoren wird erfasst und anschließend bewertet
(Abbildung 5: Umgang mit TdP: Risikoabwägung). Welcher Wirkstoff weist ein hohes
TdP-Risiko auf, welcher nur ein geringes? Umfassende Informationen sind unter
diblemed
s.com kostenfr i erhältlich
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. Alternativempf hlunge , das heißt
mögl cherweise besser geeignete Wirkstoffen mit g ringerer Interaktionsneigung
können auf dieser Homepage recherchiert werden. Resultate der Suche können als
Grundlage eines Arztgespräches dienen, um auf eventuelle Rückfragen vorbereitet
zu sein. Wichtig ist die weitere Überlegung, ob der gefundene Alternativwirkstoff zur
Behandlung der vorliegenden Erkrankung dient. Ein Blick in die jeweilige Leitlinie
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schafft vor dem Arztgespräch Klarheit . Irritierende Gesprächsverläufe können
dadurch leic t vermieden werden.
Abbildung 2:
Risikofaktoren für TdP.
1...,16,17,18,19,20,21,22,23,24,25 27,28,29,30,31,32
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