Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014) - page 23

Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 23
Christian Schulz
Crash der Wirkstoffe
Der Straßenverkehr ist eine hochkom-
plexe und gefährliche Angelegenheit.
Hohe Verkehrsdichte, unangemessene
Verhaltensweisen und ungeregelte Pro-
zesse führen zu zahlreichen Verletzten
und Toten. Um diesem Risikoprozess zu
begegnen und sicherer ans Ziel zu kom-
men, sind im letzten Jahrhundert viel-
fältige Hilfsmittel und Regularien einge-
führt worden, vom Dreipunktegurt über
das Tempolimit bis zur Beschränkung auf
eine gerade noch tolerable Alkoholmen-
ge. Ein Ende dieses kontinuierlichen Opti-
mierungsprozesses ist – begründeterwei-
se – nicht in Sicht. Erfreulich ist das Ergeb-
nis: eine konsequente Reduktion der Zahl
an Verkehrstoten trotz weiterer Zunahme
der Verkehrsdichte.
Deutliche Parallelen zum Verkehrspro-
zess weist auch der Medikationsprozess
auf, diese werden im Folgenden an aus-
gewählten Beispielen der Psychopharma-
kotherapie verdeutlicht. Allgemein gilt,
dass Risiken hochkomplexer Systeme häu-
fig mit einfachen Lösungen deutlich ent-
schärft werden können. Warum gerade
das Themenfeld der Medikation psychi-
scher Leiden? Psychische Erkrankungen
sind weit verbreitete Phänomene, die In-
zidenz/Prävalenz einzelner Erkrankungen
hat in den letzten Jahren weiter zuge-
nommen. Die Verordnungszahlen der
Psychopharmaka befinden sich weiter-
hin auf einem hohen Niveau,
1
in Analo-
gie zum Straßenverkehr kann von hoher
Verkehrsdichte auf unebenen Wegen ge-
sprochen werden. Zur Therapie steht ei-
ne Vielzahl hochwirksamer Substanzen
zur Verfügung, deren überlegter Einsatz
auf sicherem Weg zum Therapieziel füh-
ren kann. Andererseits birgt der unre-
flektierte Umgang mit Psychopharmaka
unkalkulierbar hohe Risiken für den ein-
zelnen Patienten und seine Mitmenschen;
diese Risiken gilt es zu erkennen und zu
managen.
Individuelle Risikoprofile
Ein Blick in die ABDA-Datenbank verdeut-
licht das Problem: Psychopharmaka ha-
ben aufgrund ihrer komplexen Pharma-
kodynamik und Pharmakokinetik ein aus-
geprägtes Interaktionspotential. Um den
angestrebten Nutzen zu erlangen, muss
jeder Patient bei der Durchführung ei-
ner Pharmakotherapie stets sein individu-
elles Risiko tragen. Diese individuelle Ri-
sikoausprägung ist multifaktoriell, kon-
kret bedeutet dies, dass sie durch Hand-
lungen von health care professionals wie
Ärzten und Apothekern sowie vom Pati-
enten selbst vergrößert oder verringert
Der Sicherheitsgurt in der Psychopharmakotherapie
Arzneimittelbezogene Probleme erkennen, bewerten und managen
Fortbildung ktuell – Das Journal
Apotheker Christian Schulz
(Hiddenhau-
sen), langjähriger Filialleiter der Apo-
theke im Facharztzentrum Paderborn,
ab August 2014 als Krankenhausapothe-
ker im Klinikum Herford tätig. Neben
seiner Referententätigkeit ist er Autor
der Reihe „Top beraten“ in der Deut-
schen Apotheker Zeitung.
Sicherheitsbarrieren:
Richtlinie
Abgabe mit allen
erforderlichen Hinweisen
Richtlinie
Eindeutige Beschriftung
Fachkenntnis
Notwendige Beratungskompetenz
Hinterfragen des Verständnisses
Löcher in den
Barrieren
Unerwünschtes
Ereignis:
Verschlechterung
und KH-Aufenthalt
Aktives Versagen/Fehler:
Apotheke erklärt die Dosierung
nicht
Uneindeutige Beschriftung
Latentes Versagen/Fehler:
• Einnahme der Angehörigen nicht erklärt
• Beratungsqualität nicht optimal
(Verwechslungsgefahr!)
Gefahr:
Nicht eindeutige
Dosierung auf der
Verpackung
Medikationsfehler
27
Modifiziertnach Hanke, Weiterbildung Geriatrische Pharmazie, Nordrhein 2009
Abbildung 1:
Verdeutlicht die Komplexität der Situation: Das „Käsescheiben-Modell“.
1...,13,14,15,16,17,18,19,20,21,22 24,25,26,27,28,29,30,31,32
Powered by FlippingBook