Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014) - page 14

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Fortbildung aktuell - Das Journal
Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
Fortbildung aktuell – Das J urnal
Nr. 1/2014 der Apothek rkammer Westfalen-Lippe 14
scher Anstieg der Kurve). Ein Beispiel ist
die auf nüchternen Magen gegebene
Acetylsalicylsäure (ASS) zur schnellen Be-
seitigung von Kopfschmerzen. Dagegen
als Antirheumatikum (Dauertherapie) an-
gewendet setzt man auf eine Langzeit-
wirkung mit unveränderter AUC: Hier ist
der Einnahmezeitpunkt unbedeutend, da
nur die k
a
durch Nahrung beeinträchtigt
ist und nicht die AUC. Genauso werden
Methotrexat (Zytostatikum, Antirheu-
matikum) und Verapamil (Calcium-Ka-
nal Modulator) bei Einnahme zum Essen
zwar verzögert absorbiert, aber die AUC
ist ähnlich wie bei nüchternem Magen;
nur dieser Wert AUC ist bei einer Dau-
ertherapie für die Blutspiegel im steady-
state entscheidend. Die AUC (Abbildung
1, links) sollte nicht erniedrigt werden, da
dies eine Abnahme der Bioverfügbarkeit
bis zur Wirkungslosigkeit bedeutet.
Der Magen: seine Bedeutung für
Nahrungs-Interaktionen
Der Magen ist allein wegen seiner ge-
ringen resorbierenden Oberfläche von
0,1 m
2
kein bedeutendes Resorptionsor-
gan. Seine Bedeutung für Nahrungs-In-
teraktionen liegt in der Verweildauer
der Nahrung und damit auch des mitge-
führten Medikamentes, denn das Tempo
der Magenentleerung bestimmt, wann
der Arzneistoff den Dünndarm, seinen
Resorptionsort, erreicht. Der Magen ent-
leert sich portionsweise durch peristal-
tische Bewegungen im Antrumbereich bei
gleichzeitiger Öffnung des Pylorus. Etwa
30 bis 50 Prozent einer festen Mahlzeit
werden vom Magen pro Stunde an den
Dünndarm abgegeben. Die Magenentlee-
rungsgeschwindigkeit beträgt 3 kcal/min,
bei einem 500 kcal-Frühstück dauert es al-
so ca. drei Stunden. Die Art des Nahrungs-
breis verändert die Motorik des Magens
von Grund auf. Es dauert bis der Magen-
inhalt im unteren Bereich des Magens,
dem Antrum, zerkleinert ist (sogenannte
„Antrummühle“). Erst wenn die Partikel
klein genug sind, werden sie in den Darm
transportiert. Medikamente sind ein „Be-
triebsunfall“, sie werden behandelt wie
Nahrungsbestandteile. Je größer eine Ta-
blette ist, desto weniger wahrscheinlich
ist ihr normal schneller Weitertransport
zusammen mit dem Nahrungsbrei in den
Darm, denn große Teilchen (>2 mm) ver-
lassen den Magen erst im späteren Nüch-
ternzustand; dies führt zu dem Problem
der unvorhersehbaren und interindividu-
ell stark schwankenden Verzögerung der
Resorption im Darm (Tabelle 1).
Die Hemmung der Magenentleerung, be-
stimmend für Menge und Zeitpunkt des
Auftauchens des Arzneistoffs im Resorpti-
onsort Darm, hängt ab von:
• Nahrungszusammensetzung (kohlen-
hydratreich, fettreich, hohe Viskosität,
hohe Osmolarität)
• Aufbereitung und Partikelgröße der
Nahrung (kaufauler Patient)
• Temperatur (eiskalte Getränke, heiße
Mahlzeiten)
• Kaloriengehalt (energiefreie Flüssig-
keiten verlassen den Magen nach zehn
bis 35 Minuten).
Magensaftresistente Arzneiformen
Magensaftresistent überzogene Arznei-
formen sollen die Magenschleimhaut vor
aggressiven Arzneistoffen schützen (zum
Beispiel nicht-steroidale Antiphlogistika,
wie Diclofenac, Eisensalze, Valproinsäu-
re) oder eine Inaktivierung/Umwandlung
Komplikationen durch Nahrungs- und Genussmittel
F rtbildung aktuell – Das Journal
Nr. 1/2014 der Apothe erkammer Westfalen-Lippe
– as Jo rnal
de Apothek rk mmer Westfalen-Lipp
Tabelle 1:
Die Magenentleerungsgeschwindigkeit ist . . .
. . . unbedeutend:
. . . problematisch:
Mehrfach-Dosis-Formen:
Subunits sind < 1mm, das
heißt Teilchen können kon-
tinuierlich den Magen auch
bei geschlossenem Sphinkter
verlassen
Einzel-Dosis-Formen, da
• unterschiedlich rasche Magenentleerung
• retiniert in digestiver Phase
verspätetes, unvorhersehbares Verlassen bei plötzlicher
Aktivität des interdigestiven, myoelektrischen Motorkom-
plexes
Tabelle 2:
Zwei Typen magensaftresistenter Arzneiformen (Mups=multiple unit pellet
system):
1. Pellets, multiple units (modern)
2. Monolithen, single units (nicht so modern)
Diclofenac (Rewodina® Dual)
Indometacin Retard-Präparate
PPI (Antra MUPS®; Nexium® mups;
Omedoc® als Hartkapseln = überzo-
gene Pellets; Omap®)
Diclofenac (Arthrotec® Manteltabletten;
Voltaren® retard Dragees (außer Handel))
kein Indometacin-Präparat mehr, PPI (Antra®;
Nexium®; Omedoc® Hartkapseln; Omap®)
Abbildung 1:
Abnahme der AUC (area under the curve) (links, ein Problem der Lang-
zeittherapie) oder Abnahme der k
a
(rechts, ein Problem der Kurzzeittherapie, schnelles
Anfluten erwünscht).
Zeit
-AUC
-k
a
Zeit
Konzentration
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...32
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