Cellitinnen 1_2015 - page 38

Kürzlich veröffentlichte das Mei-
nungsforschungsinstitut FORSA
die Ergebnisse einer Umfrage zum
Thema „Welche Berufe wir schätzen
– und welche nicht.“
1
Überraschen-
derweise sind die ersten fünf Plätze
von den klassischen Sozialberufen
belegt, wobei die Alten- und Kran-
kenpflege auf Platz zwei sogar noch
vor den Ärzten (Platz drei) liegt, aber
gleich nach der Feuerwehr (Platz
eins) eingestuft wurde. Um die Liste
zu vervollständigen, auf Platz vier
kam die Polizei und auf Platz fünf
schafften es Mitarbeiter in KiTas
oder Kindergärten. Die Öffentlich-
keit scheint also ein großes Maß
an Verständnis und Wohlwollen für
die Sozialberufe zu haben. Was ist
denn so anziehend an sozialen
Berufen und was bedeuten Beruf
und Professionalität?
Gesundheits-und Krankenpfleger
wird jemand, der gerne mit Men-
schen arbeitet und ihnen auch in
existenzieller Not helfen kann. Das-
selbe gilt wohl auch für die anderen
vier Berufe der FORSA Umfrage.
Das Wort Beruf geht auf das la-
teinische ‚vocare‘ (rufen) zurück,
was ab demMittelalter als Berufung
oder ,berufen werden‘ verstanden
wurde. Das Wort Professionalität
hat eine gleichermaßen spirituelle
Basis, nämlich das Bekenntnis
(professio) zu einem bestimmten
Berufs(stand) mit all seinen Wer-
1
-
ge-welche-berufe-wir-schaetzen-und-welche-
nicht/10620782.html?slp=false&p=2&a=fal-
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ten und ethischen Überlegungen.
Vielleicht ist es heute verständli-
cher von Talent oder Begabung zu
sprechen, das mit Interesse und
Hingabe an eine Sache einhergeht.
Aus Erfahrungsberichten von Pfle-
genden und Ärzten zu schließen,
braucht es sicherlich ein stabiles
Fundament von Begabung, Talent,
Hingabe und Wissbegierde, um
in diesem anstrengenden, sich
ständig ändernden Beruf Bestand
haben zu können. Was muss ein
Mensch denn für diesen Beruf mit-
bringen, um den Patienten als ver-
wundete und hilfesuchende Person
nicht aus den Augen zu verlieren?
Einerseits braucht ein Mitarbeiter
im Gesundheitswesen einen tu-
gendhaften Charakter, um sich mit
Tapferkeit, Gerechtigkeit, Beherr-
schung und Wissen um die Be-
lange im täglichen Leben eines
kranken Menschen kümmern
zu können. Auch wenn die
Arbeit mit Patienten oft unter
Zeitmangel, Personalengpäs-
sen, Arbeitsverdichtungen und
prozessorientierten Abrech-
nungspauschalen leiden
kann, wie Professor Maio
in seinem Buch Ge-
schäftsmodell Gesundheit
(2014) kritisiert, so sieht er
doch auch die Tugenden der
Kreativität, Behutsamkeit,
Solidarität und Ganzheitlich-
keit als tragende Elemente
der christlichen Nächstenliebe
im Dienst am Kranken.
Andererseits dürfen wir auch in
unserer schnelllebigen, ergebnis-
orientierten Zeit in der Pflege von
kranken und alten Menschen nicht
an den folgenden, fundamental
spirituellen Elementen sparen: an
der Beziehung zu einemMenschen
in Not, am Gespräch mit diesem
Menschen über seine Not und an
der uneigennützigen Hilfe, um diese
Not zu lindern. Nicht die Dienst-
leistung am Kunden, sondern der
Dienst am Kranken ist der spiri-
tuelle Heilauftrag aller großen Welt-
religionen – und diese Berufung
wird auch weiterhin die Anziehung
eines katholischen Krankenhauses
ausmachen.
Dr. Sylvia Klauser
Beruf(ung)
Welche Fähigkeiten benötigen Mitarbeiter in der Pflege?
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