normal magazin nummer18 sommer

Diese interaktive Publikation wurde mit FlippingBook-Service erstellt und dient für das Online-Streaming von PDF-Dateien. Kein Download, kein Warten. Öffnen und sofort mit Lesen anfangen!

lberg

magazin

Sommer 2016

event highlights IM soMMer

Titelseite: Plakat des Illustrators Mads Berg im Auf- trag von Engelberg- Titlis Tourismus. Frontcover: A poster by Illustra- tor Mads Berg on behalf of Engelberg- Titlis Tourism.

Inhaltsverzeichnis Contents

weitere infos und anmeldung

www.titlis.ch/ events

3 editorial 4 statements

candlelight dinner Geniesse einen romantischen Abend mit Fondue Chinoise à discretion im Panorama Restaurant auf dem Gipfel des TITLIS. Samstags, monatlich bei Vollmond

biker-gnuss Zeige dein Fahrkönnen auf den Singletrails und teste verschiedene Bikes. Stärke dich beim Pasta-Buffet im Bärghuis Jochpass. 23. - 24. Juli 2016 auf dem Jochpass

Lena Häcki – Olympia im Visier Lena Häcki is aiming high

8 fokus | focus

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht Grafenor t awakens f rom its slumber

12 inside

Das Internat trotzt den Schwierigkeiten Renewed success for the boarding school

18 events

Kammermusik als Nah-Erlebnis At the hear t of chamber music 22 hotellerie | the hotel industry «Du musst die Berge lieben» “You have to love the mountains” 26 kultur | arts+culture Der Bergfotograf im Tal Capturing the moment 30 gastronomie | food+drink Mehr als nur scharf 34 blick zurück | looking back DNA-Test zeigt die Herkunft der Engelberger DNA testing revea ls Engelbergers’ ancestr y 38 natur | nature Über Stock und Stein On the right path 50 shopping Im Einklang mit der Natur Some like it hot – and some don’ t!

1. august Mach dich auf zum Gipfel für den Sonnen- aufgang und stärke dich anschliessend beim reichhaltigen Frühstücksbuffet. 1. August 2016 auf dem TITLIS

knorrli erlebnistag Knorrli ist zu Besuch und hat ein buntes Spassprogramm mit Schatzsuche und Ländlermusik organisiert. 26. Juni und 11. September 2016 auf Trübsee

Impressum – Publishing information

Herausgeberin – Publisher : Engelberg-Titlis Tourismus AG Redaktionsteam – Editorial team : Charles Christen, Frédéric Füssenich, Andrea Hurschler (Leitung/ head ), Marco Zemp Übersetzungen: English Express, Berlin Anschrift – Address : Engelberg-Titlis Tourismus AG Redaktion «Engelberg Magazin», Klosterstrasse 3 CH-6390 Engelberg engelbergmagazin@engelberg.ch www.engelberg.ch Gestaltung/Produktion – Design/production : WerbeTypoGrafik, Hampi Krähenbühl, Fürigen Schrift – Font : Matter Bold (© Urs Lehni); TheSerif (© FontShop) Druck – Printing : Engelberger Druck AG, Stans Auflage – Print run : 14’000 Exemplare/ copies Abonnement – Subscription : Schweiz CHF 20.–/ Ausland CHF 30.– Erscheinungsdatum 2016: November 2016 Redaktionsschluss: 12. September 2016 Dates of publication in 2016: November 2016 The deadline for submissions is eight weeks prior to publication.

titlis bergtrophy Zu Fuss den Dreitausender bezwingen – ein einmaliges Erlebnis für Familien bis Leistungssportler! 13. August 2016, Start: Engelberg, Ziel: Gross-Titlis

titlis ice festival Mit dem Snowtube locker flockig den Hang runter sausen, Gletscherspalten-Abseilen oder Mohrenkopfschiessen – Spass pur! 3. Juli 2016 auf dem TITLIS

Tex tiles and gif ts in harmony with nature

54 seitenblicke | news 61 service

www.titlis.ch

1

TITLIS | BERGBAHNEN, HOTELS & GASTRONOMIE 6391 ENGELBERG | SCHWEIZ | TELEfON +41 (0)41 639 50 50

Gürtel Taschen Interieur Accessoires

Frédéric Füssenich Direktor Engelberg- Titlis Tourismus AG Frédéric Füssenich Director, Engelberg- Titlis Tourismus AG

Schuhe Kleider Schmuck

Liebe Leserinnen und Leser

Dear Readers,

Gesellig, unbeugsam, treu, zäh und ausdauernd sind die genetischen Charakterei- genschaften des Engelbergers. Dr. med. Andreas Anderhalden hat anhand von Genproben die Mentalitätsunterschiede von Engelbergern, Ob- und Nidwaldnern untersucht und kam zu erstaunlichen Ergebnissen. Wer hätte gedacht, dass die Nidwaldner revolutionäre Alemannen, wohingegen die Obwaldner bedächtige Kelten und die Engelberger die eigentlichen Urein- wohner der Schweiz sind? Zäh und ausdauernd sind auch die Charaktereigenschaften unserer Wanderwegverantwortlichen, ein Traumjob wer die Natur liebt. Ihren Traumjob hat auch die vielversprechende Engelbergerin Nachwuchsbi- athletin Lena Häcki gefunden. Mit ihren Medail- len an der Junioren WM hat sie eindrucksvoll bewiesen, dass mit ihr in Zukunft zu rechnen ist. Wer auf der Suche nach gelebter Engelber- ger Gastfreundschaft ist, is(s)t in der Brunni- hütte genau richtig. Agnes und Fredy Schleiss verwöhnen ihre Gäste mit lokalen frischen Köstlichkeiten. Etwas anderes Essen, aber nicht minder authentisch, findet man im Spice Bazaar. Die indische Kochcrew verwöhnt die Gäste mit orientalischer Küche. Ein besseres Tandoori gibt es nicht mal in Mumbai. Auf dem Weg von En- gelberg nach Mumbai kommt man in Grafenort am Herrenhaus vorbei. Ein Ort der besonderen Atmosphäre, wo die Benediktinermönche im Sommer ihre Ferien verbringen. Den Rest des Jahres steht das Haus für jedermann offen, egal ob für Hochzeit oder Seminar. Maya Murer, der gute Geist des Hauses, macht auch das Unmögli- che möglich. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre und spannende Begegnungen mit den geselligen, unbeugsamen, treuen, zähen und sehr liebeswürdigen Engelbergern. Sommerliche Grüsse

Convivial, uncompromising, loyal, tough and tenacious – these are the inborn character traits of Engelbergers. Using genetic samples, Andreas Anderhalden MD explored the dif fer- ences between the people of Engelberg, Ob- walden and Nidwalden and found fascinating genetic bases for their dif ferences in mentality. It turns out that the Nidwaldners are Ale- mannic revolutionaries, the Obwaldners are prudent Celts, and the Engelbergers are truly indigenous Swiss. The words tough and tena- cious also describe the hardworking, passion- ate caretakers of our hiking trails – a dream job for fans of the great outdoors. Another person who has found her dream job is young biath- lete Lena Häcki. The Engelberg native put in a very impressive performance in the Junior World Championships, which points towards a promising future. One of the best places to experience the conviviality and hospitality of Engelberg is the Brunni mountain hut, where wardens Agnes and Fredy Schleiss treat their guests to delicious local specialities. A rather dif ferent cuisine is on of fer in Engelberg’s Spice Bazaar, where Indian chefs prepare authentic Indian food as good as any thing you’ ll find in Mumbai. On the way from Engelberg to Mum- bai, you will journey past the manor house in Grafenor t. This beautiful building with its unique ambience is home to Benedictine monks during their free summer months. Through- out the rest of the year the manor is open for other uses, such as seminars or weddings. Host Maya Murer arranges precisely the occasion her guests require. I wish you an enjoyable read – followed by many pleasant encounters with the convivial, uncompromising, loyal, tough and ex tremely loveable Engelbergers! Best wishes

Stansstaderstrasse 16 CH-6370 Stans 041 619 15 77 www.articolo.ch

articolo_184x135_e_magazin_april16.indd 1

12.04.16 14:43

BUIRÄBÄHNLI-SAFARI

Das Engelbergertal und seine kleinen Geheimnisse zu Fuss entdecken – das ist ab diesem Sommer auf der neuen Buiräbähnli-Safari möglich! Die 2-tägige Rundwanderung beinhaltet Fahrten mit den kleinen Buiräbähnli und übernachtet wird in urchigen Berghütten. Holen Sie sich jetzt den Bähnlipass im Tourist Center und starten Sie in das Wander-Abenteuer. Weitere Infos: www.engelberg.ch/safari

3

WWW.ENGELBERG.CH

editorial

Die 20-jährige Lena Häcki.

Lena Häcki konzentriert am Start des Weltcuprennens in Hochfilzen.

Lena Häcki, aged 20.

A very focused Lena Häcki at the World Cup start- ing line in Hochfilzen.

LenaHäcki –Olympia imVisier Lena Häcki is aiming high Text: Andrea Hurschler, Fotos: zVg

Kaum eine Biathletin bringt so viel läuferische Power mit wie Lena Häcki. Trotz Fehlschüssen schafft sie es dank ihren starken Beinen immer wieder weit nach vorne. Zuletzt an der Junioren- WM im Januar, wo sie zweimal Silber gewann. In Engelberg findet Häcki auch im Sommer perfekte Trainingsbedingungen vor, um auf ihren Traum, eine olympische Medaille, hinzu- arbeiten. An der Junioren-WM 2016 verfehlte die junge A-Kader-Athletin von Swiss-Ski in der Verfolgung über zehn Kilometer die Zielschei-

mir sehr viel.» Lena Häcki weiss, dass es nicht selbstverständlich ist, als Profisportlerin un- terwegs sein zu können. «Jeder muss sich den Einsatz im Weltcup erkämpfen. Darum bin ich umso glücklicher, dass ich es geschafft habe.» Wann immer es geht, kehrt sie nach Engel- berg zurück. Im Winter sind es nach drei bis vier Wochen unterwegs jeweils nur etwa drei Tage. Ab Mai sind es dann einige mehr. Auf zwei Wo- chen Trainingslager und eine Woche Stützpunkt- training in Andermatt folgt im Sommer eine Woche Engelberg. Die junge Athletin geniesst

be sechsmal. Trotz den sechs Strafrunden wurde sie Zweite. Zum Vergleich: Die Goldme- daillengewinnerin blieb am Schiessstand fehlerfrei und erreichte das Ziel trotzdem nur gut 13 Sekunden vor Häcki.

ihre Familie und die Berge. Sie freut sich darüber, auf der Strasse bekannte Gesichter zu treffen und einen Schwatz zu halten. Da sie während dieser Zeit selbständig trainieren muss, schätzt sie die vielseiti-

Kaum eine Athletin ist in der Loipe so schnell unter- wegs wie Lena Häcki.

«Es braucht viel, um lange auf hohem Niveau schiessen zu können», sagt die 20-jährige Engel- bergerin. «Mir fehlt noch die Erfahrung und die totale Sicherheit.» Dass ihr die Erfahrung fehlt, ist verständlich. Denn Lena Häcki fand erst als 14-Jährige zum Langlauf und zum Biathlon. Als polysportives Mädchen mit viel Ausdauer lag ihr das Langlaufen. Kombiniert mit dem Schiessen löste der Biathlon bei ihr grosse Begeisterung aus. «Am Anfang war ich nicht sehr gut. Doch weil es mir so viel Spass bereitet hat und ich es dadurch oft gemacht habe, wurde ich schnell besser.» So schnell, dass sie schliesslich die Sportmittelschule in Engelberg besuchte, schon 2014 ihr Debüt im Weltcup geben durfte – und dort bald mit einem 12. Platz für ein Ausrufe- zeichen sorgte. Nur ein Jahr später ist sie eine feste Grösse im Schweizer Weltcup-Team und reist zusammen mit den Gasparin-Schwestern um den Globus. «Sie waren schon immer meine Vorbilder. Dass ich nun mit ihnen trainieren und Wettkämpfe bestreiten darf, bedeutet

gen Trainingsmöglichkeiten. «Im Sommer gehe ich sehr gerne Biken, Joggen und Rollskifahren.» Mit dem Mountainbike fährt Häcki am liebsten auf den Jochpass oder zur Brunnihütte. Beim Joggen nutzt sie die Länge des Tales. Und da wäre ja noch das Schiessen, das es zu verbessern gilt. Auch das kann sie in Engelberg trainieren. «Im Sommer im Jägerschiessplatz, im Winter in der Seilziehhalle mit den Skiern unter Belastung.» Denn gerade das ist ja die Schwierigkeit beim Biathlon – trotz hohem Puls im Schiessstand ruhige Hände zu behalten. Das macht für sie die Sportart denn auch aus. «Die Kombination aus völliger Verausgabung und anschliessender pu- rer Konzentration am Schiessstand macht Biath- lon einfach aufregend», sagt sie. Bis 2018, wenn sie an den Olympischen Spielen in Pyeongchang dabei sein möchte, bleibt ihr noch ein bisschen Zeit, um die nötige Routine beim Schiessen zu erlangen. Denn an der Power in den Beinen wird es bei der Engelbergerin sicher nicht scheitern.

4

5

statements

statements

Lena Häcki beim Schiess- training im Sommer.

Jubel nach geschafftem Auf- stieg. Lena Häcki freut sich auf die rasante Abfahrt. Jubilation after making it to the top! Now Lena looks for- ward to a thrilling descent.

Lena Häcki working on her shoot- ing technique in the summer.

Few female biathletes can match Lena Häcki’s strength and stamina – even if she misses a few shots, her powerful legs ensure her a good position in the rankings. Most recently, the 20-year-old won two silver medals at the Biath- lon Junior World Championships in January. Her hometown of Engelberg offers perfect training conditions, whatever the season, for working towards her dream of winning an Olympic medal. At the 2016 Junior World Champion- ships, the young A-squad Swiss Ski biath lete

siona l ath lete is not a given: “Ever yone has to f ight for a chance to compete in the World Cup, which is why I’m so happy to have made it.” Lena goes back to Engelberg whenever she can; in winter, she can on ly go for about three days at a time af ter three to four weeks away. From May, however, she will be able to stay home a lit tle longer. Af ter two weeks at training camp and a week at the training centre in Andermat t, she will be spending a f u ll week in Engelberg. The young ath lete enjoys being with her family and spending time in the mountains. She looks forward to seeing ing oppor tunities in Engelberg. “In summer I go cycling, jogging and roller skiing,” she says. Lena’s favourite mountain bike destina- tions are the Joch Pass and the Brunni moun- tain hut, and she enjoys jogging the leng th of the va lley. Engelberg is a lso the idea l place for her to per fec t her shooting technique. In summer she goes to the shooting range and in winter to the shooting facilities in the tug of war ha ll, which she can access on her skis straight f rom the trail and then prac tise shooting when the adrena line is pumping. The biggest cha llenge in biath lon is keeping a steady hand in the shooting despite your rapid hear t rate. “The combination of push- ing yourself to the limit and then switching to pure concentration for the shooting round makes biath lon a rea lly exciting spor t,” Lena says. She still has time to per fec t her shooting technique before the 2018 Winter Olympics in Pyeongchang. It ’s a lready clear that she has the leg streng th to make it to the top. familiar faces in the street and stopping for a chat. And because she has to train by herself when she is home, she appreciates the train-

missed the target si x times in the 10 km pursuit race. But despite the si x pena lty loops, she still came second. By way of comparison, the gold meda llist didn’ t put a foot wrong in the shooting,

Few female athletes are as fast as Lena Häcki on cross-country skis.

yet she on ly beat Lena to the f inish line by 13 seconds. “It takes a lot of prac tice to shoot at such a high level,” says Lena. “I still lack the ex- perience and complete self-conf idence.” That ’s understandable, given that Lena f irst got into cross-countr y skiing and biath lon at the age of 14. As a good ath letic a ll-rounder with plenty of stamina, she instantly took to cross- countr y skiing, which, when combined with rif le shooting, became par ticu larly exciting. “I wasn’ t that good at f irst. But I rea lly liked it, so I prac tised a lot and quick ly got much bet ter,” she says. So quick ly that she then at tended Engelberg’s Spor tmit telschu le, and made her World Cup debut in 2014 , where she ranked 12th and began grabbing at tention. Just a year later, she was an established member of the Swiss World Cup Team, and has since been travelling the world with the Gasparin sisters. “They’ve a lways been my role models; I’m so happy I can train and compete a longside them,” she says. Lena knows being on the road as a profes-

6

7

statements

statements

Obwohl das Herrenhaus ziemlich majestätisch am Strassenrand in Grafenort steht, fahren die Reisenden mit dem Ziel Engelberg meist beachtungslos daran vorbei. Travellers heading to Engelberg tend to rush past Grafenort manor without a second glance, despite its gorgeous aspect.

Seit 1995 wird dem Herrenhaus wieder Leben eingehaucht. Since 1995, the manor house has been infused with new life.

Aus demDornröschenschlaf erwacht Grafenort awakens from its slumber Text: Michèle Fröhlich, Transhelvetica Magazin, Fotos: zVg

Einst wurde Ware ein- und ausgeführt, Gäste ruhten sich ein letztes Mal vor dem Aufstieg nach Engelberg aus und Mönche genossen den Freiraum für Gespräche – doch dann ist es ruhig in und ums Herrenhaus in Grafenort geworden. Ziemlich majestätisch steht es da, direkt am Bahnhof, in Gesellschaft zweier Bauernhöfe, einer Kapelle und eines Wirtshauses – und doch scheint das Herrenhaus in Grafenort unsichtbar. Reisende rauschen mit dem Auto oder mit dem Zug daran vorbei, vorfreudig auf die sonnigen Berge, die steil ins Tal abfallen. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, hier im schattigen Tal auszusteigen und den Weg nach Engel- berg zu Fuss zurückzulegen. Das war einmal anders. Einst zog eine Karawane von Rindern und Klostersäu- mern mit Käse im Gepäck über den Gotthard und kehrte von Mailand mit Fässern voll Wein und Öl und Säcken voll Reis und Salz zurück nach Grafenort. Kutschen fuhren durch die grossen Tore direkt ins Herrenhaus und luden die Ware ab. Korn, Reis und Salz hievten die Säumer durch die Luke in den Dachstock. Em- siges Treiben und frohe Stimmen belebten die Gemäuer. Denn in Grafenort war Endstation. Der breite Weg, der mit der Kutsche befahren werden konnte, wurde von einem schmalen Saumpfad abgelöst. Hier musste auf die Saumtiere umge- sattelt werden, um die Ware nach Engelberg zu transportieren. Als der klösterliche Käse- und Viehandel ausgebaut wurde, genügte das alte Steinhaus nicht mehr als Lager und Abt Ignaz Burnott gab 1690 das Herrenhaus in Auftrag. Der Nutzung wegen wurde der Dach- stock das Prachtstück des Hauses; die Hälfte der Gesamthöhe des Gebäudes macht er aus. Lange kann man hier verharren und ob der Zimmer- mannskunst und den Schnitzereien an den acht

Hängepfosten staunen. Etagen tiefer ist es, als betrete man eine andere Welt. Hier wurde gelebt. Wand- und Deckenmalereien mit dem Wappen des Klosters Engelberg, aber auch Szenen aus der Mythologie zieren die Zimmer. Kachel- öfen zeugen von gemütlichem Zusammensein. Schliesslich diente das Herrenhaus nicht nur als Warenlager, sondern auch als Talresidenz des Abtes und des Konventes – sogar Asylsuchende fanden während des Bürger- und Religionskrie- ges Anfang des 18. Jahrhunderts Unterschlupf. Und die Fehde um die Grenze zwischen dem Klosterstaat Engelberg und seinem Nachbarn Nidwalden wurde öfters im Herrenhaus ausgehandelt. Heute gönnen sich in den Sommermonaten nur noch wenige Mönche eine Auszeit vom Klosteralltag. Wo die Räume einmal mit Leben gefüllt waren, ist fast schon beunruhigende Ruhe eingekehrt. Tritt man heute über die Schwelle, knarrt vielleicht hie und da das Holz unter den Füssen oder im Dachstock flattert eine Fleder- maus von einem Gebälk zum nächsten – sonst bleibt’s ruhig. Als Engelberg durch den Ausbau der Strasse und Bahnlinie Ende des 19. Jahrhun- derts besser erreichbar wurde, verlor Grafen- ort seine Bedeutung als Umschlagsplatz. Das Kloster überliess das Haus seinem Schicksal, bis 1995 der Obwaldner Alt-Kantonsoberförster Leo Lienert und die Stiftung «Lebensraum Gebir- ge» dem Zerfall ein Ende setzten – zum Glück! Das Haus wurde saniert und restauriert. Und allmählich wird den Räumen wieder Leben eingehaucht, wenn von Zeit zu Zeit Seminare und Matinées stattfinden oder ganze Hochzeits- gesellschaften ihre Feste feiern. So scheint es, als hätten die umliegenden Berge eine schüt- zende Hand über das Tor zu Engelberg gehal- ten – bis es seine neue Aufgabe gefunden hat.

Seit der Sanierung füllt sich das Herrenhaus wieder mit Leben.

8

9

Fokus | focus

fokus | focus

Weitere Ausführungen zum Herrenhaus sind im Schweizerischen Kunstführer «Das Herrenhaus Grafen- ort» zu lesen. Auf Anfrage werden Führungen durchs Haus gemacht. Ausserdem finden regelmässig öffent- liche Veranstaltungen statt: www.grafenort.ch

More information on the manor house can be found in the “Das Herrenhaus Grafenor t ” ar t guide (in German) and tours of the house are available on request. For details on regu lar public events at the manor house v isit www.grafenor t.ch

Das Herrenhaus diente nicht nur als Warenlager, sondern auch als Talresidenz des Ab- tes und des Konventes. The manorhouse wasn’ t only a storehouse; it was also the valley residence for the Abbot and the monks.

Wand- und Deckenmalereien zieren das Herrenhaus Grafenort. Grafenort manor is decorated with wall and ceiling paintings.

The manor house in Grafenort used to be a trading post, an inn where travellers would take a final rest before tackling the ascent to Engel- berg, and a place where monks could meet and talk – but then the bustling manor fell quiet. Situated by the railway station, a longside two farms, a chapel and a tavern, Grafenor t manor is a rather majestic building in a fascinating location – and yet it gets over- looked. Travellers rush by in cars and trains, f u ll of anticipation for the sunny mountains soaring into the skies ahead. It doesn’ t occur

and the car v ings on the eight hanging beams. Severa l storeys lower, entering the ground f loor is like stepping into another world. The wa lls and ceilings are decorated with the coat of arms of Engelberg Abbey and my thologica l scenes. This was where daily life took place. Tiled stoves suggest bygone inhabitants used to enjoy cosy evenings here. The manor was, af ter a ll, much more than a storehouse; it was a lso the va lley residence of the Abbot and monks – and during the civ il and religious wars of the early 18th centur y, asylum seekers canton of Nidwa lden were negotiated here, and monks came here in the summer months to take a break f rom Abbey routine. These days, the rooms that were once f illed with life are a lmost eerily silent. The on ly sounds are f loorboards creaking under foot, and perhaps a bat f lut tering in the at tic. Grafenor t lost its f unc tion as a trading post in the late 19th centur y, when the road was improved and the railway line built, making Engelberg much more easily accessible. The Abbey abandoned the house to its fate. Thank- f u lly, in 1995 it was rescued and restored by Obwa lden’s senior forestr y of f icia l Leo L iener t and the Lebensraum Gebirge founda- tion. Gradua lly, life was breathed back into the building, which now occasiona lly hosts seminars, matinée per formances or even wedding par ties. The house that long ago was a bustling hub at the gates of Engelberg has awoken gently f rom its long slumber. found shelter here. Squabbles over the border between the independent state of Engel- berg and the neighbouring

to them to stop here in the shady va lley and complete the trip to Engelberg on foot. Once upon a time, things were ver y dif ferent here. Caravans of cat tle and mu le drivers f rom Engelberg

The manor house has awoken to new life since its renovation.

Abbey wou ld leave Grafenor t loaded with cheese, pass over the Got thard Pass to Milan, and then return with barrels of wine and oil, and sacks of grain, rice and sa lt. Grafenor t was the terminus; this was where the broad road that the car ts had traversed gave way to a nar- row, twisting brid lepath. Car ters wou ld drive straight through the large gates to the ware- house building and un load their wares. Sacks were heaved through the hatch in the roof, and pack anima ls were resadd led here to take goods on to Engelberg. The wa lls v ibrated to the sound of busy ac tiv ity and cheer f u l voices. As the Abbey’s trade in cheese and livestock advanced, the old stone building in Grafenor t was no longer adequate as a ware- house, and in 1690 Abbot Ignaz Burnot t com- missioned the building of a new manor house. For prac tica l reasons, the at tic became the centra l feature – it makes up ha lf of the build- ing’s entire height. One can spend a long time here, admiring the beautif u l carpentr y work

10

11

fokus | focus

fokus | focus

Das Internatsgebäude hinten im Bild, vorne die Räumlich- keiten der Stiftsschule. The boarding house can be seen in the background, with the Stiftsschule prem- ises in the foreground.

Pater Andri ist in der Prä- fektur des Internats mit Schülern im Gespräch.

Father Andri chats to pupils in the boarding school prefecture.

Das Internat trotzt denSchwierigkeiten Renewed success for the boarding school Text: Andrea Hurschler, Fotos: zVg

Nur schwer erziehbare Kinder, deren Eltern nicht mehr weiterwissen, werden ins Internat geschickt. Das ist nur eines von vielen Klischees, mit denen das Internat der Stiftsschule Engel- berg unter der Trägerschaft des Klosters zu kämpfen hat. Dank neuer Ausrichtung der Schule und hohen Investitionen in die Infra- struktur geht es dem Internat trotz schwierigem Umfeld heute so gut, wie schon lange nicht mehr. «Man kommt von der Schule nach Hause und es ist, als ob man mit Kollegen abgemacht hätte», sagt Frederik. Mit «nach Hause» meint

rigen Kinder, die von den Eltern abgeschoben werden», erzählt der Benediktinermönch. Für andere Eltern spielt die Tatsache, dass es sich in Engelberg um ein Klosterinternat handelt, eine entscheidende Rolle. «Sie schicken ihre Kinder aus christlicher Überzeugung zu uns», sagt der Internatsleiter. «Wir sind bewusst eine Kloster- schule.» Das heisst, es gibt nicht nur den üblichen Religionsunterricht. Dazu kommen Tischgebete oder freiwillige, spirituelle «Chill-Outs» sowie eine allgemeine christliche Grundhaltung. Ein Schuljahr inklusive Schulgeld kostet

der 17-jährige Gymnasiast das Internat an der Stiftsschule Engelberg. Er vermisse seine in Ennetbürgen wohnhafte Fa- milie, Expats aus Deutschland, nicht. Denn im Kollegi hat er immer Kameraden um sich. Die

41’000 Franken. Für dieses Geld können sich die Eltern sicher sein, dass ihre Kinder dank den Strukturen die besten Voraus- setzungen erhalten, um den angesehenen Schulabschluss erfolgreich zu absolvieren.

«Wir sind den Schülern sehr nah, halten aber trotzdem eine gesunde Distanz.»

Internatsschüler besuchen entweder das Gym- nasium oder die IOS (integrative Orientierungs- schule). Trotz gedrängtem Stundenplan, Zimmer- stunden und Blöcken, die fürs Lernen reserviert sind, bleibt genügend Zeit, um zusammen mit den anderen Schülern die Freizeit zu geniessen. An diesem schulfreien Nachmittag sind viele Kollegianer gerade vom Skifahren zu- rückgekehrt und treffen sich im Internat. Sie tauschen sich mit dem Internatsleiter Pater Andri Tuor aus. Dieser bestätigt, was man als Besucher sofort spürt: «Wir haben eine gute Atmosphäre. Wir sind den Schülern sehr nah, halten aber trotzdem eine gesunde Distanz.» Das Familiäre ist für viele Eltern ein wichtiges Argument, weshalb sie gerade das Klosterinter- nat in Engelberg für ihre Kinder aussuchen. «Wir können bei Problemen sofort reagieren», sagt Pa- ter Andri. Er betont aber auch, dass das Internat keine Sozialstation ist. «Internate haben einen schlechten Ruf, nicht nur wegen der früheren Missbrauchsfälle. Wir haben hier keine schwie-

Noch vor wenigen Jahren stand das Internat vor dem finanziellen Aus. Nur noch 50 Interne lebten hier. Heute sind es wieder 78, davon 22 Mädchen. «Im Vergleich mit den vergangenen Jahren ist das ein Höchststand. Das freut uns natürlich riesig», so Pater Andri. Zu verdanken ist dieses Wachstum, das weiter anhalten soll, verschiede- nen Faktoren. In den letzten fünf Jahren wur- den 13 Millionen Franken in die Infrastruktur investiert. An der Stiftsschule wurde die zwei- sprachige Maturität in Deutsch und Englisch mit dem integrierten, weltweit kompatiblen International Baccalaureate (IB) eingeführt. Eine weitere wichtige Neuerung: Während die Kinder früher sieben Tage im Internat lebten, dürfen sie heute am Freitagnachmittag nach Hause. Gehen darf aber nur, wer sein Zimmer geputzt hat. Nach der Kontrolle werden die Schüler per Handschlag ins Wochenende entlas- sen, wo sie die Zeit mit ihrer Familie geniessen können. Denn, so findet Pater Andri: «Wir sind eine Ergänzung zur Familie – und kein Ersatz.»

12

13 inside

inside

Die Internatsschüler besuchen die Stiftsschule. Wer die Matura macht, schliesst diese zweispra- chig in Englisch und Deutsch ab. The boarders attend the pre- paratory school Stiftsschule Engelberg. Those working towards their Swiss high school diploma must take courses in both English and German.

Die frisch renovierten Zim- mer kommen sehr modern und ansprechend daher.

The recently renovated rooms are very modern and appealing.

The boarding school at Stiftsschule Engelberg, under the trusteeship of the Abbey, has to combat many prejudices – such as the idea that it’s only problem children whose parents are at their wits’ end that are sent to boarding school. But despite difficult circumstances, the board- ing school is now doing better than it has in a long time thanks to a new direction and large investments. “You come home f rom school, and it ’s just like hanging out with your mates,” says Frederik Rosch. By “ home”, the 17-year-old is re-

For other parents, the fac t that the boarding school is af f iliated with Engelberg Abbey plays an impor tant role. “They send their children to us for religious reasons, as we are an ac- tive monaster y school,” says the direc tor. That means the pupils not on ly receive the usua l religious education, they a lso say grace before mea ls, can par ticipate in spiritua l “chill-outs”, and must uphold genera l Christian va lues. Annua l boarding and tuition fees come to 41,000 f rancs. For this amount, parents can be sure that the school is giv ing their chil- dren the best preparation for of the school ’s pupils are boarders – 22 of them girls. “That ’s the highest number in recent years, so natura lly we are delighted,” says Father Andri. There are severa l fac tors to thank for this increase, which is expec ted to con- tinue. In the last f ive years, 13 million f rancs has been invested in the school ’s facilities. The Stif tschu le has a lso introduced a dua l qua li- f ication programme, combining a bilingua l German-English Swiss high school diploma with the internationa lly compatible Inter- nationa l Bacca laureate. Another impor tant change is that now, instead of liv ing at the boarding school seven days a week, the pu- pils can go home af ter lessons on Friday – but on ly if they have cleaned their rooms. Once room inspec tions have been carried out, the pupils are given a handshake and waved of f to enjoy the weekend with their families. Af ter a ll, as Father Andri says: “We are an addi- tion to their family – not a replacement.” obtaining the prestigious school-leav ing qua lif ica- tion. Just a few years ago, the boarding school was on the brink of bankruptcy, with on ly 50 boarders. Today, 78

ferring to the boarding house at Stif tsschu le Engelberg. He is f rom a family of German expats liv ing in Ennetbürgen, but he doesn’ t miss them too much as he’s constantly sur- rounded by f riends. Board-

We are very close to the pupils, but still maintain a healthy distance.

ers here either at tend the preparator y school or the IOS (integrated orienteering school). Despite a busy timetable of lessons and desig- nated quiet or study time, there are still plenty of oppor tunities to have f un with other pupils. On this par ticu lar lesson-f ree af ternoon, many of the pupils are congregating on the grounds af ter returning f rom skiing. Some are chat ting with the boarding school ’s direc tor, Father Andri Tuor. He conf irms the impression we have as guests: “We have created a great atmosphere. We are ver y close to the pupils, but maintain a hea lthy distance.” This family relationship is one of the main reasons many parents choose to send their children here. “We can immediately respond to any problems,” says Father Andri. But he a lso stresses that this is not a counselling facility. “Boarding schools have a bad reputation, and not on ly because of cases of abuse in the past,” explains the Bene- dic tine monk. “We are not a centre for dif f icu lt children whose parents can’ t cope with them.”

14

15

inside

inside

Das Merel Quartett (v.l.): Alessandro D’Amico, Manuel Oswald, Mary-Ellen Woodside und Rafael Rosenfeld. The Merel Quartet (from left to right): Alessandro D’Amico, Manuel Oswald, Mary Ellen Woodside and Rafael Rosenfeld.

Die Akustik und das Ambien- te im Barocksaal des Klosters eignen sich hervorragend für klassische Konzerte. The acoustics and ambience of the Abbey’s Baroque Hall are perfect for classical concerts.

Für das Festival können Pässe und Packages inkl. Übernachtung im Hotel Edelweiss gebucht werden. Der Vorverkauf bei Engelberg Titlis Tourismus läuft ab 1. Juni. Tel. 041 639 77 77; welcome@engelberg.ch. Weitere Informationen fin- den Sie auf der Website www.zwischentoene.com Festival passes and packages (including accommodation at Hotel Edelweiss) go on sale via Engelberg Titlis Tourismus from 1 June. Tel.: +41 (0)41 639 7777; welcome@engelberg.ch. For more information, visit: www.zwischentoene.com.

KammermusikalsNah-Erlebnis At the heart of chamber music Text und Fotos: Pressedienst Zwischentöne

In Engelberg wurde Ende Oktober 2015 unter dem Titel «Zwischentöne» ein neues, hochkarätiges Kammermusikfestival gegründet, das bei Publikum und Presse auf viel Begeisterung stiess. «Erfolg für musikalische Schatzsucher» und «Kammermusik: Aus neuen Tönen entsteht eine eigene Welt» titelte die Neue Luzerner Zeitung; und die NZZ pries den Reiz des Genius loci. Vom 28. bis 30. Oktober 2016 findet nun die zweite Ausgabe des Festivals statt. Initiant und künstlerischer Leiter ist der Luzerner Musiker Rafael Rosenfeld, Solo-

sikern und hochkarätigen Gästen, intensiv mit den wichtigsten Kammermusikwerken auseinandersetzen können. Das Publikum wird eingeladen, zusammen mit den Musikern in die faszinierende Welt der Kammermusik einzutauchen. Das Merel Quartett präsentiert in sieben Konzerten nicht nur ein fein abge- stimmtes Programm mit Meisterwerken der klassischen Kammermusik vom Barock bis hin zur Moderne, sondern legt auch diesmal spe- ziellen Wert auf den Kontakt zum Publikum. Thematisch kreist das Programm 2016 um «Musik zwischen zwei Wel- in Es-Dur, Schuberts Streichquartett «Der Tod und das Mädchen», Beethovens Streichquartett a-Moll op. 132, Schuberts «Notturno» und das Klarinettenquintett von Brahms. Kontrastiert werden sie von neueren Werken wie Messiaens legendärem «Quatuor pour la fin du temps», Ravels virtuosem Klavierstück «Gaspard de la Nuit», Janaceks «Auf verwachsenem Pfade», Hindemiths Vokalstück «Die junge Magd» bis hin zu Werken von György Kurtag, Jörg Widmann und einer Uraufführung von Iris Szeghy. Gäste des Merel Quartetts (Mary-Ellen Woodside und Manuel Oswald, Violine; Alessandro D’Amico, Viola und Rafael Rosenfeld, Violoncello) sind diesmal die bekannte Schweizer Mezzosopra- nistin Marie-Claude Chappuis, die internatio- nal renommierten Pianisten Denes Varjon und Izabella Simon, der herausragende Klarinettist Reto Bieri sowie der Schauspieler Robert Hunger- Bühler, der Texte zum Thema «Teufel» lesen wird. ten»: Geister, Teufel, Leben und Tod. Geboten werden drei Tage voller erstklassiger Kammer- musik. Ein paar Höhepunkte: Beethovens «Geistertrio», Schumanns Klavierquintett

Cellist des Zürcher Tonhalle- Orchesters, zusammen mit seinem international be- kannten Merel Quartett. Für die Musiker ist der Kurort Engelberg, eingebettet in die Bergwelt um den Titlis, der

Das Merel Quartett sucht den Kontakt zum Publikum.

ideale Ort für ein Unternehmen wie «Zwischen- töne». Überdies wurde mit dem Barocksaal des Klosters ein prachtvoller Raum gefunden, der sich von Akustik und Ambiance her bestens eignet. Das Kloster Engelberg, das dort früher schon Meisterkurse ermöglicht hatte, konnte schnell für die Festival-Idee gewonnen werden. Das Festival spielt mit seinem Namen «Zwi- schentöne» einerseits darauf an, dass in der Musik das Eigentliche oft zwischen den Tönen ausgesagt wird, andererseits auf die Kommu- nikation zwischen Künstlern und Publikum. Und die wird in Engelberg grossgeschrieben. Es gibt eine offene Werkstatt-Probe, fundierte Konzerteinführungen und Begegnungsmög- lichkeiten beim Diner oder Apéro, und wer sich für den dreitägigen Festivalpass entscheidet, wohnt im gleichen Hotel wie die Musiker. Die Künstler haben in Engelberg einen inspirierenden Ort gefunden, wo sie sich ab- seits vom hektischen Musikbetrieb, zusammen mit anderen leidenschaftlichen Kammermu-

16

17 events

events

Die Mezzosopranistin Marie- Claude Chappuis ist regelmä- ssig auf den grössten Bühnen Europas zu Gast – und für einmal auch in Engelberg. Mezzo-soprano Marie-Claude Chappuis regularly per- forms on some of the big- gest stages in Europe – and is now coming to Engelberg.

Klarinettist Reto Bieri ist in Zug aufgewachsen und hat damit in Engelberg fast ein Heimspiel. Having grown up in nearby Zug, clarinettist Reto Bieri is no stranger to Engelberg.

Mit Dénes Várjon am Klavier ist ein begnadeter Künstler zu Gast.

Izabella Simon spielte am Kla- vier schon an den Salzburger Festspielen, in New York oder an den Zürcher Festspielen. Izabella Simon has previ- ously performed on the piano in New York and at the Salz- burg and Zurich festivals.

Gifted pianist Dénes Vár- jon will be one of this year’s special guests.

Chamber music festival Zwischentöne was held for the first time in Engelberg in late October 2015 – much to the excitement of public and press alike. Newspapers Neue Luzerner Zeitung and Neue Zürcher Zeitung raved about the festival’s successful debut and extolled the beauty and atmosphere of its setting. The second edition is set to take place from 28 to 30 October 2016. Lucerne native Rafael Rosenfeld, solo cellist at Zurich ’s Tonha lle Orchestra, is the founder and ar tistic direc tor of the Zwis- chentöne Chamber Music Festiva l, a long with

and distinguished guests to spend three days exploring some of the most impor tant cham- ber pieces ever writ ten. And the festiva lgo- ers are inv ited to delve into the fascinating world of chamber music a long with the mu- sicians. The Merel Quar tet has not on ly put together a f inely tuned programme of seven concer ts, featuring classica l chamber mas- terpieces f rom Baroque to contemporar y; it has a lso decided that this edition will place specia l focus on contac t with audiences. In 2016, the three days of world-class

his internationa lly renowned Merel Quar tet. Nestled in the mountains surrounding the Titlis, the resor t of Engelberg stood out to the musicians as the idea l location for their new projec t – not to mention

music will centre on the theme “Music between two worlds”: Spirits, de- mons, life and death. Mu- sica l high lights will in- clude Beethoven’s “Ghost ”, Schumann’s Piano Quintet

The Merel Quartet is keen to es- tablish contact with audiences.

the fac t that the Abbey’s magnif icent Ba- roque Ha ll prov ides the per fec t acoustics and ambience for the concer ts. Engelberg Abbey, which used to of fer musica l master classes in the space, was quick ly won over by the idea for the festiva l. The name “Zwischentöne” (litera lly translating as “ between the notes” or “semi-tones”) refers to how the essence of music of ten lies in its nuances, as well as to the dia logue between musicians and audi- ence. The lat ter is of par ticu lar impor tance for this festiva l, as the programme includes open workshops, detailed introduc tions to concer ts, and meet-and-greet oppor tunities at a post-concer t dinner and a drinks reception. Plus, those who opt for the three-day festiva l pass stay in the same hotel as the musicians. The chamber musicians have an inspir- ing venue here in Engelberg – somewhere far f rom the hec tic day-to-day world of the mu- sic business where they can come together with other passionate chamber musicians

in E-f lat Major, Schuber t ’s string quar tet “Death and the Maiden”, Beethoven’s String Quar tet in A Minor, op. 132, Schuber t ’s “Not- turno” and Brahms’ clarinet quintet. These pieces will be contrasted with recent works such as Messiaen’s legend- ar y “Quatuor pour la f in du temps” Ravel ’s v ir tuoso piano piece “Gaspard de la Nuit ”, Janacek ’s “On an Overgrown Path ” and Hin- demith ’s song cycle “Die junge Magd ”, as well as works f rom György Kur tag, Jörg Wid- mann and a premiere f rom Iris Szeghy. Join- ing the Merel Quar tet (Mar y Ellen Woodside and Manuel Oswa ld on v iolins, A lessandro D’Amico on v iola and Rafael Rosenfeld on cello) are renowned Swiss mezzo-soprano Marie-Claude Chappuis, internationa lly ac- claimed pianists Denes Varjon and Izabella Simon, outstanding clarinet tist Reto Bieri and ac tor Rober t Hunger-Büh ler, who will give a reading of tex ts on the topic of “demons”.

18

19

events

events

Brunnihütte SAC 6390 Engelberg Telefon +41 (0)41 637 37 32 info@berghuette.ch www.brunnihuette.ch

Verschiedene Events locken das ganze Jahr über vie- le zusätzliche Gäste an. Special events attract ad- ditional guests year round.

«Dumusst dieBerge lieben» “You have to love the mountains” Text: Laetitia Hardegger; Fotos: zVg

Auf der Sonnenseite des Engelbergertals liegt auf 1860 Metern die Brunnihütte. Hier kommt die Milch direkt vom Bauern und bei den Hüttenwarten Agnes und Fredy Schleiss erlebt man warmherzige Gastlichkeit. Im Jahr 1932 erhielt eine Gruppe Engelber- ger vom Schweizerischen Alpenclub den Auftrag, den perfekten Standort für eine neue Schutzhüt- te zu finden. Geplant war ein Platz beim Grassen auf der Titlisseite. Bei einer Wanderung auf der Südseite begeisterte die Männer der herrliche Blick auf den Hahnen, die Spannörter und den

porte eingesetzt. «Die haben mehr Grips im Grind als Kühe», sagt Fredy. Er muss es wissen. Bevor er und Agnes im Jahr 2000 Hüttenwarte wurden, waren sie 26 Jahre Bergbauern mit über 35 Stück Vieh in Kerns und Wilen. Für Agnes wurde es mühselig: «Ich wollte nicht Bäuerin sein, bis ich nicht mehr kann. Ich wollte hoch in den Schnee.» Da fügte es sich, dass die Rugghubelhütte neue Hüttenwarte suchte und sie auserwählt wurden. Das Vieh wurde verkauft und ein neues Leben begann. Nach vier Jahren in der Rugghubelhüt- te übernahmen sie 2004 die Brunnihütte. Die

Titlis jedoch so sehr, dass sie sich spontan umentschieden. Der Grundstein für die heu- tige Brunnihütte war gelegt. Mit dabei war der berühmte Engelberger Künstler Willy Amrhein, dessen Bild «Gemse

Rugghubelhütte wurde von ihrer Tochter Megi viele Jahre weitergeführt. Für Agnes war das Wirten kein Neuland. Bis zu ihrer Hochzeit unterstützte sie ihre Mutter im Alpenres- taurant Wirzweli. Auch Pio-

An herrlicher Lage wird man hier mit Selbstgemachten aus einhei- mischen Produkten verwöhnt.

im Schnee» noch heute die Hütte schmückt. Bis 1956 war die Hütte nur zu Fuss erreichbar. Der Bau der Brunnibahn und der Skilifte brach- te mehr Gäste. Die direkte Lage am Sessellift und an der Skipiste macht die Hütte am Tag zu einem Bergrestaurant mit grosser Sonnenter- rasse. Das Brunni-Team verwöhnt die Gäste im Selbstbedienungsrestaurant mit wunderbaren Gerichten aus einheimischen Produkten. Die Milch kommt frisch von den Kühen der Flühmatt und wird in der Hütte pasteurisiert. Wer sich schon mal gefragt hat, warum die Kuchen so gut schmecken: Der Rahm auf der Milch wird abgeschöpft und für den Guss der selbstge- backenen Kuchen genutzt. Am Abend, wenn die Tagesgäste im Tal sind und Ruhe einkehrt, verwandelt sie sich wieder in eine traditionelle SAC-Hütte mit 40 gemütlichen Schlafplätzen. Der Hüttenwart Fredy bietet im Sommer Trekkings mit seinen Maultieren an. Die Nutztie- re leben das ganze Jahr in einem Stall hinter der Hütte. Regelmässig werden sie für Warentrans-

niergeist wurde ihr von ihren Eltern Margrit und Walter Niederberger in die Wiege gelegt. Sie sind die Gründer der Luftseilbahn Dallenwil-Wirzwe- li AG und massgeblich an der Entstehung des Dorfes Wirzweli beteiligt. Für Fredy war es eine Rückkehr in seine Heimat Engelberg. Die Familie Schleiss – vom Rohr, wie man im Dorf sagt – hatte eine Alp unterhalb der Brunnihütte. Bis nach sei- ner Lehre als Schreiner verbrachte er seine Som- mer dort. Am Morgen wurden die Kühe gemolken, dann rannte er ins Dorf zur Arbeit. «Höchstens 15 Minuten habe ich gebraucht, darum habe ich wohl jetzt Gelenkprobleme», sagt er und lacht. Geschlafen haben sie auf einem Bett aus Stei- nen mit ein bisschen Stroh und einem Leintuch. Wenn es regnete, floss Wasser durch die Steine. «Um im Brunni glücklich zu sein, musst du die Berge lieben», sagt Agnes. Ihre erste Tat am Mor- gen ist der Blick aus dem Fenster. Mit den Jahren hat sie gelernt, das Wetter zu lesen und weiss, wie viele Nussgipfel sie backen müssen – diese kom- men jeden Tag frisch und knusprig aus dem Ofen.

20

21

hotellerie | thehotel industry

hotellerie | thehotel industry

Die Brunnihütte liegt an traum- hafter Lage auf 1860 Metern. The Brunni mountain hut is in a delightful spot at 1,860 m a.s.l.

Das Kinderfest stösst jeweils auf grossen Anklang.

… which is always a very popular event.

The Brunni mountain hut lies on the south-fac- ing slope of the Engelberg valley, 1,860 metres a.s.l. Here, the milk comes directly from the farm, and guests enjoy a warmwelcome from wardens Agnes and Fredy Schleiss. Back in 1932, the Swiss A lpine Club asked a group of Engelbergers to f ind a good loca- tion for a new mountain hut, env isioning a site by Grassen on the Titlis side of the va l- ley. But while hiking on the south-facing side, the scouts were so impressed by the fantastic v iew of Hahnen, Gross Spannor t, Ch li Span- nor t and Titlis that they “Chamois in the Snow” adorns the hut to this day. Until 1956 the hut cou ld on ly be reached on foot. Then, construc tion of the Brunnibahn cableway and ski lif ts brought more guests. Lo- cated right nex t to the ski slope and chairlif ts, the hut is a mountain restaurant by day, with a large sun terrace. Guests in the self-ser v ice res- taurant can enjoy wonder f u l dishes made f rom loca l ingredients. The milk is delivered f resh f rom cows on the Flühmat t and pasteurised in the hut. The home-made cakes ser ved in the restaurant taste so good because the f rosting is made using the cream f rom that milk. In the evening, when the day guests return to the va l- ley and peace descends, the hut turns back into a traditiona l SAC lodge with 40 comf y beds. In summer Fredy of fers mountain treks with his own mu les. The anima ls live year round in a stable behind the hut and are regu larly used to transpor t goods. “They’ve got more wits than cows,” says Fredy. He shou ld know. Before he and Agnes became hut war- spontaneously decided this was the per fec t spot, lay ing the foundations for today’s Brunni hut. Among them was famed Engelberg ar tist Willy Amrhein, whose painting

dens in 2000 they were mountain farmers for 26 years in Kerns and Wilen with more than 35 head of cat tle. But Agnes grew tired of the work: “I didn’ t want to be a farmer until I was too worn out to do any thing else. I wanted to get up into the snow.” Luckily, the Rugghubel mountain hut was looking for new wardens. Agnes and Fredy got the job. They sold their cat tle and star ted a new life. Af ter si x years at the Rugghubel they took over the Brunni. Their daughter Megi continued to manage the Rugghubel hut for many years. Agnes was not

new to hospita lity. Until she married Fredy, she used to help out her mother in A lpen- restaurant Wirzweli. She a lso inherited a pioneering spirit f rom her parents Margrit and Wa lter Niederberger. They

Lucky guests in this beautiful location are treated to home-made food made with local ingredients.

were the founders of the Da llenwil-Wirzweli cableway company and instrumenta l in estab- lishing the v illage of Wirzweli. For Fredy, tak- ing over the Brunni hut meant returning home; the Sch leiss family had an A lpine pasture beneath the Brunni hut. He spent ever y sum- mer there until he f inished his apprenticeship as a cabinet-maker. In the morning he wou ld help milk the cows and then run down to work in the v illage. “I needed 15 minutes at most. That ’s probably why I have trouble with my joints these days,” he laughs. He and his family slept on beds made of stones, with straw and a bedsheet on top. When it rained, water wou ld f low between the stones. “To be happy in the Brunni, you have to rea lly love the mountains,” says Agnes. The f irst thing she does each morn- ing is peer out of the window. Over the years she has learnt to read the weather. That tells her how many guests to expec t and how many delicious Nussgipfel pastries to bake that day.

22

23

hotellerie | thehotel industry

hotellerie | thehotel industry

Zur Abwechslung sitzt der Fotograf vor der Kamera: Portrait von Daniel Infanger The photographer places himself in front of the cam- era for a change: a portrait by Daniel Infanger.

(Photo: Anna-Maria Infanger)

Der Bergfotograf imTal Capturing the moment Text: Laetitia Hardegger, Fotos: Daniel Infanger

Inspiriert durch den berühmten Engelberger Fotografen Herbert Matter verliess Daniel Infanger vor 25 Jahren das Dorf, um in der grossen Stadt das Handwerk der Fotografie zu lernen. Aufträge führen ihn in alle Herren Länder, doch zu seinen Wurzeln kehrt er gerne zurück. Die Tür von Zimmer 310 öffnet sich. Heraus kommt der Engelberger Bergführer Remo Balter- mia, seine Hüfte umwickelt mit einemweissen, flauschigen Badetuch. Im Gang stehen Kameras, Metallschienen und Requisiten. Wir befinden uns mitten im Dreh für den der Auswahl der lokalen Models profitiert er von seinem Heimvorteil. Man kennt ihn hier. Er war der erste Schlagzeuger der einheimischen Band «Jolly and the Flytrap», die noch heute, allerdings ohne ihn, vor begeistertem Publikum in der ganzen Schweiz spielt. Aus dieser Zeit kennt er den Sänger Stephan Eicher. Während der Aufnah- men zu dessen Album «Engelberg» im Jahr 1991 konnte er im Kursaal die ersten Bilder von ihm schiessen. Inzwischen sind sie freundschaftlich verbunden und Daniel Infanger begleitet ihn als Fotograf bei Konzerten und gestaltet viele seiner CD-Covers. Auch am Album «Hotel* S», das eng mit dem ehemaligen Engelberger Hotel Hess verbunden ist, hat Daniel aktiv mitgewirkt. Gegenüber des Kursaals begann seine Leidenschaft für bewegte Bilder. Daniels Mutter Rita gehörte die Wäscherei, die sich im gleichen Gebäude wie das Kino Engelberg befand. Daniel schlüpfte heimlich durch die Hintertür ins Kino und verbrachte seine Nachmittage mit Spaghetti- Western wie «Zwei glorreiche Halunken» oder Image-Film des Hotel Bellevue Terminus in Engelberg. Zusam- men mit einem Hamburger Filmkollegen setzt Daniel Infanger seine Eindrücke in stimmungsvolle Bilder um. Bei

«Spiel mir das Lied vom Tod». Der Besitzer, im Dorf bekannt als «Kino-Dölfi», erkannte Daniels Poten- tial und schon bald durfte er die Filmrollen einfä- deln oder am Ende zurückspulen – natürlich noch alles von Hand. Den Rest der Freizeit verbrachte er in der improvisierten Dunkelkammer seines Freundes Ruti im Café Pöstli und experimentier- te mit geknipsten Bildern. Nach dem Besuch der Handelsschule, einigen Saisons als Skilehrer und ausgiebigen Reisen nahm er seine inzwischen gut gefüllte Mappe mit Fotos und bewarb sich in Basel bei einem Fotografen, der ihn als Assistent einstellte. Während vier Jahren ditionen». Mit dem Preisgeld kaufte er sich eine Grundausrüstung und machte sich selbständig. Seine Aufträge als Fotograf und Filmer sind vielseitig und bewegen sich in der Werbung, zeigen Menschen und Natur. Für eine Versiche- rung reiste er nach Dubai und fotografierte Roger Federer. Gemeinsammit Kollegen gewann er zweimal den Preis für die schönsten Schweizer Bücher. Im Bildband «Engelberg» setzte er den Tourismus fotografisch in ein neues Licht. In «2-Takt» dokumentierte er den Mofa-Kult der 70er und 80er Jahre. Er beschreibt seinen Stil als reduziert und ruhig. Darum hat der Engelberger wohl auch die Zwischensaison als Kind besonders gemocht – wenn alles wieder leer war. Hotels ha- ben ihn schon damals fasziniert. Heimlich seien sie in die geschlossenen Häuser geschlichen und hätten ihr Unwesen getrieben. Das Plakat «Venez en Suisse» von Herbert Matter, das ihn zu seinem Beruf inspirierte und in seiner Jugend zwischen AC/DC und KimWilde Postern hing, hat übrigens immer noch einen Ehrenplatz in seinem Studio. lernte er das Handwerk und schärfte seinen Blick für das «perfekte» Bild. Dann gewann er den 1. Preis bei einem Foto- wettbewerb in Genf zum The- ma «Die Schweiz und ihre Tra-

Daniel Infanger fühlte sich vom Engelberger Fotografen Herbert Matter inspiriert.

24

25

kultur | arts+culture

kultur | arts+culture

Made with FlippingBook HTML5