Kopenhagen

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OPENHAGEN

UND SEINE

UMGEBUNGEN.

HANDBUCH FUR R E I S E N D E

D Å N E M A R K .

Verlag von Carl B. Lorck

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I N H A L T.

S eite

I. Allgemeine Bemerkungen s. 1 — 41. Sprache — Y erbindungsm ittel — P ass- u n d Zolhvesen — Geldwesen — G asthauser — Café’s — Fam i­ lienleben. II. Zur Orientirung s. 12 — 94. G e s c h i c h t l i c h e r U e b e r b l i c k ................................... S t a t i s t i s c h e r U e b e r b l i c k ......................................... L i t e r a r i s c h e , w i s s e n s c h a f t l i c h e u n d K u n s t - Z u s t a n d e .................................................. Z u r C h a r a k t e r i s t i k d e r D a n e n . . . . . . s. 95 — 180. G e s c h i c h t l i c h e s u n d Y e r g l e i c h e n d e s . . . . A l l g e m e i n e O r t s b e s c h r e i b u n g ............................ B e s o n d e r e O r t s b e s c h r e i b u n g ............................ 118 Kirchen und andere Gotteshciuser ................................... 118 Die F rauenkirche 118. Die St. Petrikirche 120. Die T rinitatiskirche 120. Die H eiligegeist- kirche122. D ieH olm enskirche 122. D ieK irche un seres E rlosers 123. K atholische Kirche 123. Die Synagoge 124. Konigliche Schlosser und P a lå ste ................................... 124 Die C hristiansburg 124. Die Am alienburg 127. Die R osenburg 128. 81 92 III. Kopenhagen 95 99 *12 45 66 D i e V e r f a s s u n g

INHALT.

VI

Seite Gebaude der M inisterien ........................................ , . . . 131 Oeffentliche Gebaude der C om m une ............................... 132 Das Rathhaus 132. Die Borse 133. Der N icolai- W a c h t-T h u rm mifc den Fleischbanken 135. T horw aldsen’s Museum 135 (153). Gebaude der Land- und S eem a ch t ................................ 135 Das Zeughaus 135. Die Schiffswerfte 136. N eu- holm 137. Die Docke 139. D er Provianthof 139. Wissenschaftliche, literarische, Lehr- und K unst- Anstalten. Vereine und Gesellschaften ................ 140 Die U niversitat 140. D er botanische G arten 143. Die Regenz 1 43. Die polytechnische L ehran- stalt 144. Die K unstakadem ie 145. Die Ve- terinairschule 145. Die m ilitarischen L ehran- stalten 146. Das Schulw esen 146. Die Ge- sellschaft der W issenschaften 147. Die Ge- sellschaft fiir nordische A lterthum skunde 148. Die islandische literarische Gesellschaft 150. Die skandinavische Gesellschaft 150 u. s. w . — Der Kunstverein 151. Der Kiinstlerverein 151. Der Musikverein 151. Kunstschåtze; wissenschaftliche und andere Sam m - lu n g en ............................... .*........................................... 152 Das T horw aldsen’sche Museum 153. Die konigl. Gem aldesamm lung auf d er C hristiansburg157. Die Moltke’sche G em aldesamm lung 157. Die konigl. K upferstichsamm lung158. Die konigl. M iinz- u n d M edaillensamm lung 158. Das konigliche Museum d er N aturw issenschaften 159. Die naturw issenschaftlichen Samm lungen der Universitat 160. Privatsamm lungen 160. ' Das K unstm useum 161. Das ethnographische

VII

INHALT.

Seite

M useum i 61. Das Museum der nordischen A lterthiim er 162. Die W affensamm lung 166. Die grosse konigl. B ibliothek 166. Die Uni- versitatsbibliothek 167. Die Classen’sche Bi­ bliothek 168. Vereine und Gesellschaften gem einnutziger A rt . . . Die Freim aurerlogen 169. Hospitale, H e il-, B a d e- und W ohlthåtigkeits-A n­ stalten ......................... ...................................................... Das F rie d rich s-H o sp ital 170. D as allgem eine Hospital 171. Das G ebår- u n d Findelhaus 171. Die Irren -A n stalt 171. S oqvasthuset 172. Das T aub stum m en -In stitu t 172. Das B linden-In- stitu t1 7 2 . Das W aisenhaus 173. Das Pflege- h au s 173. K inder-A syle 173. V arto u 1 7 4 . Fabriken, Manufacturen und G ew erbe .......................... Oeffentliche Vergniigungen und Belustigungen aller A r t ................ ..................................................................... D a s T h e a te rl76. D asC asino178. Das T ivoli179. IV. Kopenhagens Umgebungen s. 181 — 204. S p a z i e r g a n g e u n d n a h e r e U m g e b u n g e n . . Die W alle 181. Die E splanade u n d die lange Linie 182. Die V orstadte 182. F rederiksberg 184. S onderm arken 185. R d e s k i l d e , L eire, das H erthathal 186, D er Dom zu R oeskilde 188. Die W asserk u r-A n - stalt 190. K lam penborg 191. D er T hiergarten 191. C har- lottenlund 193. B ernstorff 193. L yngbye 193. Sorgenfri 194. F rederiksdal 194. Amager 194.

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181

INHALT.

VIII

Seite

D ie e n t f e r n t e r e n U m g e b u n g e n K o p e n h a ­ g e n s ............................................................................... F r e d e r i k s b o r g : d a sS c h lo ss495. D ieS chloss- kirche 196. D er R ittersaal 197. Die P o rtrait- Galerie 197. Die S tu tere i1 9 7 . Schloss F r e ­ d e n s b o r g 198. D er E srom -S ee 199. G urre 199. H e l s i n g o r 200. Schloss K ronborg 202. M arienlyst, H am let’s Grab 208. O dins- Hoi 204. H irschholm 204. V. Ausflug nach Schweden s. 205— 216. H e l s i n g b o r g 206. Die schw edische P ost- einrichtung 207. Hoganas 208. Kullen 209. Ram losa 212. L andscrona 212. L u n d 212. Die U niversitat 218. D er Dom 213. Malmo 216. TI. Anhang. T a g e s k a l e n d e r . II. V e r z e i c h n i s s d e r a b g e h e n d e n D a m p f - s c h i f f e . III. A b g e h e n d e D a m p f w a g e n z u g e u n d P e r ­ s o n e n p o s t e n . IV. G e s a n d t e u n d C o n s u l n i n K o p e n h a g e n u n d H e l s i n g o r . V. M i i n z t a b e i l e . VI. R e i s e r o u t e n v o n D e u t s c h l a n d n a c h K o p e n h a g e n . VII. Anzeiger fur Fremde in Kopenhagen, I.

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ALLGEMEINE BEMERKUNGEN.

Unter den D eutschen, die D anem arks H auptstadt, Ko­ penhagen (Kjobenhavn ; sprich : Kobenhawn) zu besuchen w iinschen, m ochte es wohl noch Einzelne geben, die m it dem Gedanken an diesen Besuch zugleich Vorstellungen von Eis u n d Schnee und nordischen B arbaren verkniipfen. Ihnen konnen w ir die V ersicherung geben, dass w ed er das Klima noch die B ew ohner D anem arks etw as B arbarisches an sich haben, dass m an sich flir eineS om m erreise n u r m it gew ohnlichen R eisekleidern fiir die Seetour und hochstens m it einem leichten U eberw urf gegen die etw as kulile und feuchte M orgen- u n d A bendluft Kopenhagens zu versehen hat. D er Reisende th u t am Besten sich dieses in D eutsch- land anzuschaffen, nicht in K openhagen, wo dieK leidungs- stiicke etw as th eu rer sind. D er D eutsche, w elcher nicht aus ganz speciellen G run­ den der L andessprache bedarf, kann ih rer fur die Reise nach Kopenhagen entbehren. Jeder A ufw arter am Bord desSchif- fes u n d in den H6tels w ird deutsch v erste h e n ; die Zolloffi- cianten gleichfalls; jed er gebildete D ane w ird ihn vollkom - m en verstehen, u n d die m eisten w erd en selbst m it ihm deutsch zu conversiren verm dgen, w enn auch alsdann ihre Conversation durchgangig deutsch in halbdanischer Con- struction gefiihrt w ird u n d der Dane etw as befangen ist, w enn er sich in einer frem den S prache ausdrueken m uss. Keiner glaube aber, w enn er auch im Auslande die Sprache stu d irt hat, dass er viel von d er taglichen Rede d er Danen verstehen w ird. Im Zusamm enziehen u n d In einan der- Kopenhagen. \

4

PASS- UND ZOLLW ESEN.

p asse zu versehen. D erselbe w ird in d er W ache an d er ,,Z ollbude“ visirt. N imm t der R eisende seinen Aufentlialt in irgend einem H6tel, dann gebe er dem K ellner gleich seinen Pass, am ihn auf der Polizei, im Com ptoir fiir Rei­ sende, vorzeigen zu la s s e n ; bezieht er eine P rivatw oh- nung, so sorge er gleichfalls dafur, dass dieses Vorzeigen geschieht, u n d zw ar binnen 24 S tunden nach seiner An- kunft in der S tadt, w enn er nicht d er gesetzlichen Strafe d er Unterlassung, 4 — 20 T hlr. danisch, anheim fallen w ill. Bei d er A breise m uss fiir das V isiren d er Preis eines d ani- schen P asses, 1 R bdlr., bezahlt w erd en . W eiter h at der R eisende m it d er Polizei nichts zu th u n , die sich auch w eiter gar nicht um ihn kum m ern w ird. Von dem Schiffe w ird das Gepack d er Reisenden d i- rect in die Z oll-V isitationsstube abgeliefert, allwo die E i- genthiim er sich dem nach hinbegeben m u ssen , um ihre Koffer u n d Kisten aufzuschliessen. Die Zollbeam ten sind hoflich u nd hum an gegen den R eisenden, u n d unnothiger- w eise w erden ihm keine Schw ierigkeiten gem acht. W er sich iib er solche u n d u b erh au p t iib er unfreundliche Be- handlung zu beschw eren h at, ist gew ohnlich selbst d urch schroffes Benehm en u n d M issachtung der Sitten des L an­ des d aran S c h u ld , d eren m an n ich t selten die deutschen Commis voyageurs anklagt. Da diese K lasse von Reisenden fru h er hauptsåchlich D eutschland rep rasen tirten , so m uss m an sich nicht w u n d ern , w enn auch theilw eise die Fehler derselben als allgem eine Fehler d er D eutschen b etrach tet w u rd en . Im Allgemeinen ist es P raxis des danischen Zoll- w esens, dass Alles, w as z u r B equem lichkeit u n d zum p e r- sonlichen G ebrauch d er R eisenden unzw eideutig an zu se- hen ist, auch frei p assirt, u n d K leinigkeiten zum eigenen Bedarf, als Tabak, Cigarren u. s. w . w erden, so lange sie sich w irklich als Kleinigkeiten herausstellen, dem R eisen­ den keine Abgaben v erursachen. Von neuen noch nicht

GELDWESEN. O getragenen K l e i d u n g s s t i i c k e n fiihre m an lieber nicht zu viel m it sich, da sie nicht eingefiihrt w erd en d iirfe n ; h at m an sich solche angeschafft, trage m an sie w enigstens lieber einM al, ehe m an sich an Bord begiebt. D asselbe gilt von neuen, noch n i c h t getragenen Huten, von w elchen Eingangszoll zu en trich ten w are. W ir wollen jetzt u n sere L eser m it dem danischen G e l d w e s e n bek an n t m achen. G o l d m i i n z e n (einfache u n d doppelte F rederiks- u n d C hristiansd’or) sind keine sogenannte gangbare M iin- z e n ; ih r W erth fluctuirt nach den C oursnotirungen u n d ist d er W erth eines Louisd’or ungefahr gleich dem von 7 x/ 2 R bdlr. danisch. S i l b e r m l i n z e n sind g a n g b a r e M iinzen u n d kei- nem Course unterw orfen. Aus 1 Mark feinen Silbers, kolnischen Gewichts, w er­ den 18 R igsbankdaler (Reichsbankthaler) gep rag t; jed er R eichsbankthaler h at 96 Schillinge (danisch: Skilling) oder 6 Mark k 16 Schillinge. Die Silberm linzen sind folgende : 1 Species = 2 R bdlr. = 12 Mark = 192 Skilling — = 128 = ^ = 6 *> = 96 = 2/z ) 4 = 64 Vs „ = ) ' = 2*/s >> = 38 Vs ,, - : X/3 , . = 2 = 32 */l» » = y« , = 1 )> = 16 » = y * * ) = */» = 8 y*s ,, = y ^ , = y* >> = 4 = Vai i = 3A ) i = 3 E inigen dieser M iinzen ist ih r W erth zugleich in schles- w ig-holsteinischem C ourant aufgeprijgt.

K u p f e r mi i n z e n (gleichfalls g an g b are): y+a R dblr. = y8 Mark = 2 R b.-Schillinge y*« > y*6 , , = 1 ,, y l92 „ = y 32 „ = y 2

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GELDWESEN.

Von Papiergeld (R epresentative), das zu jed er Zeit von d er Bank m it seinem vollen W erthe in Silber angenomm en w ird, cu rsiren n u r Fem R igsbankdaler (5 Reichsbankthaler) H alvtredsindstyve ,, (50 ,, ,, ) u n d Eet H undrede ,, (4 00 „ ,, ). D er Reisende kann sich entw eder m it Gold versehen u n d w ird den L ouisd’or gew ohnlich å 7 R bdlr. 2 777$. 42 J J . — 7 R dr. 3 777$. — also 5 47 x/i — 20 Sfyr. C ourant — ausgeben konnen, oder m it preussischem Gelde, das h eisst m it T halern in Silber oder Papier, w elche in den H étels, in den m eisten g ro sserenL ad en u n d auch an d erC asse d er V ergniigungsorte angenomm en w erden. P reussische klei- n ere M iinzen sind in Kopenhagen n u r bei dem W echsler an zubringen. Z ur U ebersicht dienen folgende Tabellen in ru n d en Z ahlen. V e r g l e i c h u n g s t a b e l l e d e s p r e u s s i s c h e n u n d d a n i s c h e n G e l d e s . 4 Styr. p reussisch == - R bdlr. - Mark 4 Skilling danisch 2 - 3 - 4 - 5 - 4

42 4 5 40

- 4 - 2 - 4 - 5 -

40 - 45 - 2 0 - 22y2 -

4 R thlr 2

p reu ssisch = 4 R bdlr. 2 Mark danisch 2 - 4 -

3 4

- -

5 6

5

40 20 25

43 26 33 66 433

-

50 400

GELDWESEN. 7 V e r g l e i c h u n g s t a b e l l e d e s d a n i s c l i e n u n d j p r e u s s i s c h é n G e l d e s . 4 Skilling danisch = - Rthlr. >/4 Sgr. p reu ssisch 4 i 3A 3 3/ 4 7 ‘/» 41 Va 45 48 3/» 4 R bdlr. danisch = — R thlr. 22ya Sgr. preussisch 2 3 45 4 - 8 1 Mark 2 3 - 4 - 5 - V* Von H am burger Miinzen circuliren in K openhagen be- s o n d e rs : 5 Schill. C ourant Stiicke — 46 J j. danisch. 2 Vi „ „ = 8 , u n d diese w erden iiberall im taglichen Y erkehr ange­ nomm en. A ndere frem de M iinzsorten, als m ecklenburgisches, såchsisches, bairisches oder osterreichisches Geld, konnen n u r beim W echsler angebracht w erden. Schw edische u n d norw egische Zettel (Representative) w erden in Kopenhagen notirt. Alle an d ere frem den M iinz- sorten, m it A usnahm e des englischen Geldes, w erden nach dem H am burger Cours in Mark Banco b erech n et u n d nach dem T ages-C ourse auf R bdlr. danisch red u cirt. H am bur­ ger Banco ist die feste V aluta; d er Pari ist 300 Mark Banco = 200 Rbdlr. danisch. 4 5 40 20 25 50 400 = 2 — 3 = 3 = 7 = 45 = 48 = 37 = 75 22 y2 45 2 2 1/" 45

GASTHÆUSER.

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Der Uso bei W echseln ist in Kopenhagen nicht einge- flihrt, sondern die Z ahlzeit stets angegeben. W echsel, die a u f S i c h t gestellt sind, m iissen sofort bezahlt w erden. Respekttage sind 8. Die F rem den w erden also bei etw aigen W echseln die Y orsicht gebrauchen, solche a u f S i c h t stel­ len zu lassen. N ur ausnahm sw eise w ird wohl d er Frem de an eine Fam ilie ad ressirt sein, wo er sich gleich bei seiner A nkunft m elden k o n n te ; gew ohnlich w ird er sich ein zu b ezahlen- des Logis aufsuchen m iissen. Schon am Bord des D am pfschifles, oder doch gleich beim L anden, w ird d er R eisende L eute von den verschie- denen Hétels vorfinden, die ihm ihre P rincipale u n d H6tels anem pfehlen w erden. E r kann unbeso rg t einem dieser, m it dem Schilde ihres H6tels versehenen L eute oder den dazu angestellten T ragern sein Gepack iibergeben u n d ihm den T ran sp o rt seiner Sachen an v ertrau en ; h ierbei gebe d er R eisende ab er genau Acht, dass er sich nicht m it m eh r denn eben E i n e m d er T rager einliisst, er komm t so n st leicht in den Fall, dass m eh rere von ihnen, d er E ine die­ ses, d er A ndere jen es Stiick seiner Sachen sich aufladet u n d dass sie Alle — w enn er m it Z eitverlust ihnen das w ie- d er abgenomm en u n d endlich E inem allein an v ertrau t h at — etw as dabei verdienen w ollen. Am w ohlfeilsten b ed ien t er sich einer d er an dem Zollgebiiude stets b ereit stehenden D roschken, w elche, je nachdem das Gepack ist, 2 — 4 Mark danisch (7yi — 45 Sgr.) erhalt. H6tels e r s t e n R a n g e s sin d : H 6 t e l P h o e n i x , Bredgade ;(Norgesgade) — (Gade = Strasse) N r. 188 (c. 100 Zimm er). ,, d ’A n g l e t e r r e , Kongens N ytorv (Kon igsN eum arkt) N r. 356 (c. 80 Zimmer). ,, R o y a l , G amm elstrand N r. 452 (c. 40 Zimmer). ,, d u N o r d , Kongens N ytorv N r. 1 (c. 100 Z imm er).

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GASTHÆUSER.

Von den H6tels z w e i t e n R a n g e s nennen w i r : S t a d t L a u e n b u r g , S to re S tran d strad eN r. 78 (16Zimm .) H 6 t e l L o w e n , Nyhavn, linke Seite N r. 14 (24 Z imm er). ,, S u é d e , Kongens N ytorv N r. 204. Es giebt natiirlicherw eise noch m ehr H6tels u n d G ast- hau ser in Kopenhagen ; die genannten konnen w ir ab er den frem den Reisenden aus E rfahrung anem pfehlen. In den II6tels ersten Ranges w ird d er R eisende fiir 4, 5, 6 Mark danisch (yi — 3/+ Thlr. preuss.) p r. 24 Stunden, in denen zw eiten Ranges flir 3, 4 Mark [1/ 3— */* Thlr. preuss.) ein m eublirtes Zimm er erhalten k o n n e n ; u n d er w ird so - wohl diese Preise, als auch die Preise fiir S peisen etc. dort m assig finden, w enigstens m it denen in H am burg u n d Ber­ lin verglichen. Im Hotel P hoenix, d ’A ngleterre u n d Royal kann er sich ganz u n d gar d er deutschen S prache b e d ie n e n ; die Eigenthiim er dieser Hdtels sind D eutsche. W enn der F rem de nicht langere Zeit in Kopenhagen zu verw eilen gedenkt, oder w enn er d o rt keine F reu n de o d er zuverlassigeB ekannte hat, th u t er am Besten im H dtel zu bleiben. Die Chambres garnies, w elche f iir R e i s e n d e ausgeboten w e rd e n , sind grosstentheils so lc h e, die v er- schiedener Mangel halber von den Danen selbst verlassen u n d eben n u r desshalb in je n e r W eise verm iethet w e rd e n ; u n d selbst w enn dies ausnahm sw eise nicht d er Fall w are, so diirfte es dem A uslander doch m itu n ter m eh r Miihe ko­ sten, sich m it dem W irthe oder d er W irthin aus d er ein- fachen B iirgerklasse u n d nam entlich m it den D ienstboten deutsch zu verståndigen. In den H åtels ersten Ranges w ird an d er table d ’h6te gespeist, u n d zw ar w ird m an d o rt gut bedient. E benso ist im Casino u n d des Somm ers im Tivoli table d ’h6te. Billi­ ger isst m an freilich in d er S tadt in den R estaurationen, z.B . V incent (Kongens N ytorv N r. 5), B achm ann (Admiral

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CAFÉS.

gade N r. 104), Henckel (Gammel Am agertorv N r. 37), Fou- sannée (Ecke d er Gothersgade u n d Kongens N ytorv). Am billigsten sind die Preise d er R estaurationen Pfeil (Kongens N ytorv N r. 3), Leopold (Ostergade N r. 72), B rusch (lille K irkestrade N r. 43) u n d B urm eister (Kjobmagergade Nr. 16). Von den Cafés nennen w i r : Café des H6tel Phoenix. ,, ,, ,, d’Angleterre. ,, Suisse, Konigs N eum arkt N r. 210. ,, Kehlet, Ecke des Konigs N eum arkt u n d Holm ens Kanal. C onditorei u n d Café von M inni, Konigs N eum arkt N r. 3. ,, ,, ,, ,, G ianelli& C om p., Konigs N eu­ m ark t Nr. 6 — 7. ,, ,, ,, ,, Pleisch, Am agertorv N r. 2. ,, ,, ,, de Paris, O stergade N r. 70. Der F rem de versaum e nicht, w enn er einige W ochen in K openhagen zu bleiben g ed en k t, sich sogleich in das A t h e n a e u m einfiihren zu lassen ; es w ird dieses gew ohn- lich d u rch seinen W irth geschehen konnen. Im A thenaeum w ird er ein L esecabinet u n d eine Bibliothek fin d e n , die d u rch ihre G rosse u n d R eichhaltigkeit — auch an frem den Jo urnalen — ihm gew iss seh r zusagen w ird. Dem B ediirfniss einer offentlichen Z e i t u n g s - H a l l e ist je tz t d u rch den ,,A vis-S alon“ abgeholfen. Die Anzahl d er B latter, die h ier ausgelegt sind, ist iiber 150 (danische, schw edische, norw egische, deutsche, belgische, hollandi- sche, franzosische, englische u n d am erikanische) u n d au s- se r diesen findet m an h ier die neuesten politischen kleinen Schriften u n d B roschiiren, sow ie die nothw endigen C har- ten, literarisch en W erke u n d Lexica. D e rE in tritt in diesen Salon ist fiir eine W ochen karte 24 JS. (c. 6 «^w), eine Mo- n atsk arte 47* 772$. (c. 17 Sfyn ) ; das E ntrée fiir ein einziges Mal w ird m it 8 J i. bezahlt. —

FAMILIENLEBEN. 11 R eisen d en , die d er studirten Klasse an g eh d ren , n a- m entlich jungen M annern, em pfehlen w ir, sich in den S t u - d e n t e n v e r e i n Z u tritt zu verschaffen, w ozu es, in E r- m angelung d er B ekanntschaften, n u r bedarf, dass er sich an einen der Y orsteher w endet. E r w ird hier nicht allein U nterhaltung u n d B eleh ru ng , so n d ern auch eine sehr bil­ lige B ew irthung finden. W er Empfehlungen an F a m i l i e n in Kopenhagen er- halten kann, schlage sie nicht aus. Z u tritt in das Fam ilien­ leben zu erhalten ist fiir den F rem den von grossem N utzen u n d w ird ihm bei d er G astfreiheit der D anen, ihrem sehr anziehenden Fam ilienleben u n d bei ih rer Z uvorkomm en- heit gegen Frem de m anche A nnehm lichkeit bieten. W er erst in eine Fam ilie eingefiihrt ist, w ird gew ohnlich m it grosser Leichtigkeit d u rch diese die B ekanntschaft m eh rerer m achen. E ingeladen zu r M ittags- od er Abendgesellschaft, w ird im erstern Falle gew ohnlich die Zeit in d er E inladung angegeben sein, im letztern ist die S tunde zw ischen 7 u n d 8 die allgem eine. Trinkgeld in diesen Fallen an die B e- dienung zu geben ist keine allgem eine Sitte. W ird dah in - gegen in v ornehm eren H ausern A bends K arten gespielt, dann lasst m an auf dem Spieltische ein T rinkgeld u n te r dem N am en K artengeld (Kortpenge) an die B edienung zuriick, w elcher die Anschaffung von K arten obliegt. Bevor w ir zurB eschreibung d er Stadt selbst iibergehen, bitten w ir den R eisenden, zu r O rientirung die nachfolgen- den geschichtlichen u n d statistischen B em erkungen zu du rch b lattern. Diese w erd en ihm in Kopenhagen, w oselbst sich — m ehr vielleicht w ie in Paris F rankreich — ganz D anem ark gew isserm assen c o n cen trirt, von N utzen zum V erstandniss u n d z u r W iirdigung sow ohl d er Stadt, w ie des Volkes sein.

ZUR ORIENTIRUNG. II.

I. © e f d j i r f j U t r l )c x l i Cc bc r b l i d t . Man n im m t a n , dass die N am en ,,D anm ark " (Dane­ mark) u n d ,,D a n s k e “ (Danen) von dem N am en eines Konigs ,,D an “ ' hergeleitet sind, sow ie Norge (Norwegen) in dem K onigsnam en ,,N o r“ u n d Sverrige (Schweden) in „S ch v i- d re r“ — einem Beinam en des nordischen Gottes Odin — ihren U rsprung haben. Einige leiten ,,D anm ark “ aus den altnordischen W orten ,,D an “ (englisch down) u n d ,,M ork“ h er (D an : flach es, niedriges L a n d , m o rk : w ald ig , m it W aldern bew achsen) , D anm ork = D an m ark , u n d diess stim m t m it d er u ralten B eschaffenheit des L andes iiberein. A ndere geben w ied er and ere Y erm uthungen an u n d stellen an d ere H ypothesen au f: alle ab er sin d gleich ungew iss. W ie D anem ark in altester Zeit ,,G othland“ genannt w o r- den, so gehorten auch die jetzigen siidlich-schw edischen Provinzen S kaane (Schonen), H alland u n d Blehing dazu — P ro v in z en , die iib erh au p t, selbst in neueren Zeiten, bald d er D anen, b ald d er Schw eden Scepter b eh errsch te. U eber das L and u n d die Stadte sin d aus d er vo r- christlichen P eriode w enige N achrichten v o rh a n d e n , u n d die Zeiten, w o noch die Insel ,,F y en “ m it d er H albinsel v erb u n d en , wo noch ,,S jalland " u n d die je tz t schw edi- sche Provinz ,,S k aan e“ landfest gew esen, u n d ,,O resu n d “ , dessen W ellen jetzt die v erb riid erten Yolker tren n en , nicht e x is tirte , gehoren einer so m ythischen Periode a n , dass w ir u n s h ier nicht dam it beschaftigen konnen.

DIE LEIREKONIGE. GORM- 15 In den altesten Zeiten w aren n u r die Gestade des Meeres und die Ufer d er Landsee’n u n d der grosseren Fliisse b ew ohnt; das iibrige Land w ar, wie schon angegebén, m it grossen dichten W aldungen bedeckt. Es w ar in m ehrere Konigreiche getheilt, deren H errscher freilich gewohnlich n u r Unterkonige, und dem W orte nach steuerpflichtig vom eigentlichen D anenkonige — dem m iichtigsten u n ter ihnen — belehnt w aren, in d er T hat ab er theils diesen, theils ein and er gegenseitig bekriegten. Die m achtigsten und b e- kanntesten u n ter jen en w aren Rolf Krake und Skjold. Rolf resid irte auf Sjalland in Leire, u nd fast alle tibrigen Konige D anem arks, Norw egens und Schw edens w aren ihm , ,,dern L eirekonige“ , u n terth an . Noch w eiss der Dane von dessen Macht u n d P ra ch t, von seinen 12 Kampfen, von seinen und ihren W u n d e r- u n d R itte r-T h a te n zu erz a h le n , er w ar geliebt u n d gefiirchtet, w ie W enige vor u n d nach ihm . Skjold, d er sich nicht w eniger d u rch T apferkeit und K riegsthaten auszeichnete, h at seinem N am en ausserdem den Ruhm eines w eisen G esetzgebers h in terla ssen ; u n d noch heute ist es ein E hrentitel d er danischen Konige, nach ihm „S k jo ld u n g er11 (Skjolds K inder oder Nachkomm en) genannt zu w erden. In d er letzten vorchristlichen P eriode D anem arks w urd e das Reich von dem H eidenkonige Gorm dem Alten u n te r seine A lleinherrschaft gebracht (c. 863 v. Ghr.). Gorm s Gem ahlin w ar eine såchsische (holsteinische) P rin - zessin, T hora oder T hyra D anebod (der T ro st d er Danen) g en an n t, w eil sie , zum Schutz gegen die Sachsen und W enden einen grossen W all, ,,D anevirke“ , als Grenze des Reichs gegen Siiden, zw ischen dem Flusse Slien (Schlei) u n d dem E iderstrom e auffiihren liess — einen W all, von dem sich noch Theile erhalten h ab en , die im Jahre 1848 in d er Schlacht bei Schleswig von den danischen T ruppen b en u tzt w urden.

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SITTEN UND CHARAKTER.

Sind auch die alten Danen nicht gar so riesenhaft ge- w esen w ie u n s ih re eignen ,,S kjalde" (Barden) singen, so w aren sie doch, w ie Alles, w as m ehr d er Pflege d er N atur als der Civilisation iiberlassen ist, stark er u n d m annhafter, als die jetzigen. Die archipelartige Lage des L andes — selbst der gegenseitige V erkehr d er L andschaften — wies die D anen friihzeitig u n d stets auf das Meer hin, das ihre erste u n d w ichtigste L ebensquelle u n d die W iege ih rer er­ sten K rafte w ar, das Feld, w o sie ihre ersten Thaten voll- b rach ten . Das gefahrvolle, w ilde Leben auf der See mag den Jiingling friih gestahlt u n d auf sich selbst hingefiihrt, u n d d er kraftige, d urch keine W ollust d er Civilisation ge- schw achte K orper m oclite dann auch ein h oheres Alter als das jetzt gew ohnliche erreichen. Ein frisches bluhendes Gesicht, langes, blondgelbes H aar, ein helles, blaues Auge u n d ein stark er B art w ar die Schonheit des M an n es; ein feiner, w eisser Teint, A nm uth u n d Gi'azie in allen Bew e- gungen — eineF olge des freienN atu rleben s — volle, goldene L ocken, die u n s die B arden oft bis ans Knie reichend schildern, erhohte die S chonheit d er nordischen W eiber. Bei jed em S chritte von Kampf u n d Gefahr um geben, auf seine eigene Kraft angew iesen, w ar der D ane s to lz ; fiir die K unst, deren Schonhpit ihm in ih rer w ahren G estalt noch nich t entgegengetreten, w ar er ohne S in n ; fiir K ennt- niss u n d E rfahrung jed och hegte er grosse A chtung. Mag er auch roh gewesen sein, er w ar m uthig u n d ohne F u rc h t; mag er auch unw issen d gew esen sein, er w ar gegen Jeden, den er kannte, w ohhvollend, gastfrei u n d treu . T reue ge­ gen den K onig, gegen F reund u n d B raut b is in den Tod, D urst nach Ruhm u n d E hre, V erachtung des Todes, ein h eisser W unsch, in d er E rinnerung d er N achkomm en zu leben, bildeten die G rundziige des m annlichen C harakters ; M ilde, Jungfraulichkeit u n d untiberw indliche K euschheit die des nordischen W eibes, u n d d urch die rohen ungebil-

LEBENSPHIL0S0PHIE.

deten Sitten d er alten D anen strahlen u n s diese Ziige in schonerK larheit entgegen. Doch selbst der H eide erkannte die Schw ache d er m enschlichen N atur, u n d trotz des Ge- fiihls seiner eigenen Kraft w ar er priifend u n d vorsichtig gegen Andere. Ein Jed er fiihlte sich den unsteten W ellen des Schicksals unterw orfen. D aher seine Lebensphiloso- phie : „ d ie Stunde zu nehm en w ie sie sei, den Augenblick zu n u tzen , sich nicht m it unnothigen Grillen zu plagen, Liebe gegen F reunde, Hass gegen Feinde offen zu zeigen, ab er vorsichtig gegen Alle zu s e in , au f sich selber bauen, n icht auf A n d ere." — ,,0 ft — so singen u n s die L ieder un d die alten „K ro n ik er" — oft w irst du das V ertrauen, w as du einem A ndern gezeigt, b itter beklagen ; — w as Drei w issen, w issen A lle." — „K en nst du die Sache dei- nes F reundes, so m ache sie zu d einer eigenen, gieb ab er dem Feinde keinen F ried en ." — ,,E in unkluger Mann v er- b ringt die N acht schlaflos u n d griibelt iiber A lles; w enn der Morgen k om m t, ist er m iide u n d schw ach, ab er die Sorgen sind so stark w ie zu v o r." — „E ignes Ilau s ist das Beste, w enn es auch klein; jed er ist H err zu H au se." K enntnisse und E rfahrung, so hoch sie geschatzt w a­ ren, so sehr w ird doch auch hierin V orsicht em pfohlen, „d am it nicht das Leben d u rch u nniitzes Griibeln seine Frische v erliere." — „W eise — heisst es — m u ss Jeder sein, K einer zu w e is e !" — Sein Schicksal darf N iem and im V oraus w issen wollen, dann h at er einen freien, frischen S in n ." Auf schone W eise tritt uns die H um anitat d er n o rd i­ schen Yolker in ih rer A chtung vor Frem de u n d in ih rer G astfreundschaft, sow ie in ih rer E h rfu rcht fiir das A lter entgegen; doch vor Allem tont aus Gesiingen u n d Sagen derW iederhall eines w ilden Kriegslebens. Hoch iiber Alles stellen sie u n s den W affenruhm , die T odesverachtung u n d die H errlichkeit eines ewigen N am en s: — ,,N ur auf dem

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ABSTAMMUNG.

Schlachtfelde ist m an wohl g eb ettet." — ,,Jede herrliche T hat w ird ewig le b e n ; ein Jed er schafft sich selber seine eigene E hre u n d seine- eigene S ch an d e." — „K einer en t- geht den N ornen (Pareen) ; Jed er m uss das erfiillen, w as ihm Odin u n d die m åchtigen G olter g eb o ten ." — N ur ein- m al stirb t m an, u n d d er Tod ist kein U ebel; nicht die Ge­ ringen u n d Unberiihm ten nim m t er in seine Arm e auf, auch nicht die F eig en ; es sind die Schaaren d er T apferen und Machtigen, w elche die Ilallen d er G otter fu lle n ; — daher g russe ein Jeder den Tod m it einem Lacheln und sterbe ohne Klage, denn die E hre iiberlebt ihn, u n d keine Zeit w ird die T haten v erw isch e n ." — ,,Dein Gut kann schw in- den, Dein G eschlecht u n d Deine Lieben konnen sterben, Du selb st w irst sterben , — Eins w eiss ich , das nimm er stirb t: Das Gericht iib er den T odten !“ Aber es ist an d er Zeit, die Frage zu b ean tw o rten s wie u n d w a n n dieses Yolk entstanden. — Finnen un d Lappen mogen in den altesten Zeiten das Land bew ohnt haben, ab er von andern F inn en, oder vielleicht C elten, w elche von Osten gen W esten w anderten, iiber F innland u n d den bothnischen M eerbusen in Schw eden u n d Norwegen hin- e in d ran g en , u n d deren U eberreste noch in den Lappen leben, die jetzt im hochnordlichen N orw egen u n d Schw e­ den die E inw ohnerschaft bilden, vertrieben w orden sein. Die Celten, so scheint es, haben das siidliche u n d w estliche Skandinavien bevcilkert. Jedoch diese Volker w u rd en alle theils ausgerottet, theils vertrieben, oder sie verschm olzen m it den sp ater eingew anderten Gothen, da die Vorfahren sow ohl d er Danen w ie d er Schw eden u n d N orw eger dem grossen gothisch-germ anischen V olkerstamm e entsprungen sind, d er m eh rere Jah rh u n d erte vor C hristus sich iiber die n ord lich e Halfte E uropas, langs der N ord - u n d Ostsee ver- breitete. Aus dem fernen A sien, aus den Gegenden des K aukasus, dem scliw arzen und assow ’schen Meere strom -

GOTHISCH-GERMANISCHER VOLKERSTAMM. 17 ten diese Volker d u rch die dstlichen L ander bis nach D eutschland h in ein ; verw andt, w ie sie w aren, durch Sitten, Religion u n d V erfassung, unterschieden sie sich doch in m anchemW esentlichen, n am entlichhinsichtlich d er S prache. Und kraft dieser V erschiedenheiten tren n ten sie sic h , in- dem die Gothen au f den siidlichen Ufern d er Ostsee sich niederliessen , w o w ir sie lange v. Chr. antreffen. Von h ier drangen sie sp a te r, ihre W anderung fo rtsetzen d , iib er die Ostsee u n d verbreiteten sich tib er den ganzen N orden, selbst nach Island h in au f, wo sich die alte Sprache bei- nahe rein erhalten h a t. wiihi'fend die Sprache d er siidli- cheren Danen, d u rch das Latein des M ittelalters u n d durch ihre N achbarschaft m it den alten V erw andten u n d Reise- g efah rten , den G erm an en , so m anche V eranderung — zum Guten, w ie zum Schlechten — in den Fluthen d er Zei­ ten erlitten. Ja h rh u n d erte h in d u rch m u ssten die Gothen m it den Ulteren B ew ohnern des N ordens um dessen Besitz kam pfen. Dies w ar die Periode, w o grosse H orden d er v ertriebenen U r- bew ohner, u n te r dem N am en C im brer, Einfålle in die rom i- schen P rovinzen m achten. Und diese blutigen Kriege sind u ns in den altnordischeu Sagen u n d M ythen iiberliefert, die zugleich auf die K am pfe, w elche die Gothen oder Goten — G otter? — ewig gegen die in allerlei u b ern aturlichen K unsten w ohl bew an d erten u n d stark en T hursen , Jetten, Jo tn er u n d die kleinen , arglistigen ,,D varge“ (Zwerge) — Nam en , die den Finnen u n d L appen beigelegt w u rd en — bestehen m ussten , einen Theil d er nordischen G otterlehre begrunden. Denn ist auch die G otterlehre des N ordens n ich t ganz u n d gar eine E rzahlung von h istorischen T hatsachen, d u rch die B arden u n s in ein er dichterischen S prache w ie- d ergegeben, so sind d o c h , aller W ahrscheinlichkeit nach, seh r viele von den religiosen Mythen au f w irkliche Bege- benheiten b a s irt, w enn sie auch in ih rer G esam m theit, als Kopenhagen. a

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DIE GOTTERLEHRE DES NORDENS.

eine F ru ch t d er u nm ittelb aren V olksdichtung, des D ich- ters L eidenschaften , W iinschen u n d Hoffnungen en tsp ru n - gen sind. O d i n — so erzahlen u n s die alten nordischen Sagen u n d M ythen — O d in w ar Schopfer d er W elt, H err u n d V ater d er Gotter u n d M enschen. In d er Zeiten Anfang er- schien d er Riese Y m e r , durch die S onnenhitze aus der form losen M aterie u n d dem Chaos zum Leben erw eckt. E r w u rd e d er bosen T h u rsen oder Jetten V ater. Odin aber erschlug Ym er u n d sein ganzes G eschlecht b is auf E inen, d er Stam m vater eines neuen, den G ottern feindlich gesinn- ten Jettengeschlechts w u rd e. D ieser w u rd e von Odin bis zum au ssersten N o rd e n , J o t u n h e i m , v ertrieb en , das au ch von den arglistigen Zw ergen u n d K obolden b ew ohnt w ar. Aus dem K orper Ym ers schuf Odin die W elt, die ge- regelte u n d geordnete W elt, M i d g a a r d , d er M enschen W ohnung. Die ersten M enschen, A s k u r u n d E m b l a schuf er aus dem E schenbaum e. Die Liebe u n d S o rg falt, w elche die Gotter den Men­ schen z u w e n d e n , rufen die stete Feindseligkeit d er Jetten h e rv o r; ab er T h o r , d er S ohnO dins, ist ih rB e sc h iitz e r; er ist der H eiland der V olker u n d der V ertheidiger M idgaards. Im m er u n d ewig bekam pft er die Jetten , iiber den g estirn- ten H imm el fahrt er hin in D onner u n d Blitz , u n d m it sei­ n er S treitax t, M jolnir, zerm alm t er die Jetten. E r ist d er F reu n d u n d Beschiitzer d er tapferen N orm annen. T hor w ar im m er ih r liebster Gott, u n d als d er Glaube an die anderen G otter nach u n d nach verschw an d, hielten sie ihn doch hoch in E hren. Seine T haten u n d seine Kampfe gegen die Jetten spielen eine iiberw iegende Rolle in den m eisten M ythen, u n d noch je tz t, nach Ja h rh u n d e rte n , leben die Sagen von T hor u n d M jolnir in den m iindlichen T raditio­ nen einzelner entfernten Gegenden des hohen N ordens. D er H imm el hiess W a l h a l l a ; er w ar die W ohnung

GOTTER DES NORDENS. SUPREMATIE DÆNEMARKS. 19 d er Gotter. Die keuschen Jungfrauen O dins, d i e W a l k y - r i e n , fiihren die T apfern in die W alhalla. Doch nicht allein zieht d er T apfere d a h in : die F e in d e , die er erschla- g e n , sin d sein Gefolge. Und h at er ein grosses Gefolge, ist er ein Schrecken vieler L ander u n d Volker gew esen: dann reicht ihm die W alkyrie den eignen B echer Odins als Gruss d er Gotter u n d des H imm els. F r i g g a , Odins Geliebte, w ar die oberste Gottin ; sie kannte das Schicksal aller Sterblichen, u n d w en sie lieb te, den liess sie w arnen u n d beschiitzen. B r a g a w ar d er Gott der W eish eit, der B eredsam keit u n d d er D ichtkunst. I d u n n a , seine Geliebte, w ar die B ew ah- rerin d er Aepfel d er ew igen Jugend. N i o r d u n d F r e i r w aren die Gotter der S ch ifffah rt, des R eich th um s, der F ruchtbarkeit. F r e i a w a r die m achtige Gottin d er Liebe. U r d a (das Gewesene) , V e r a n d i (das S eien d e), S k u l d (das W erdende) , w aren die N am en der N o r n e n (Pareen). Mit Elfen u n d anderen W esen tiberm enschlicher A rt w ar die ganze N atur bevolkert. H e l h e i m hiess die H olle, der Feigen W ohnung, L o k e das bose P rincip , u n d seine Toch- te r H e l a w ar die B eherrscherin d er Holle. Obwohl D anem ark in alterer Z eit, in Folge seiner v or- theilhaften Lage u n d seines m ilderen Klimas, stets eine A rt S uprem atie iib er den ubrigen N orden ausgetibt h a t, und D anem ark u n d die D a n e n , theils d u rch H an d el, theils — u n d zw ar ofter noch — d urch Krieg (die sogenannten Vikingetog; V iking: S eekrieg, Seeriiuberei) zu erst dem Stiden b ek an n t w u rd e : so w a r doch dem ganzen N or­ den (Skandinavien) eine gleichzeitige Entw ickelung zu Theil gew orden. Religion u n d S prache w aren gem einsam , S it- ten u n d L ebensw eise w aren g leich , Krieg u n d E ro b eru n - gen m it u n d bei ihren N achbarn suchten sie Alle: Diinen, N orw eger u n d Schw eden , u n d ihre N am en (der gew ohn- liche fiir sie Alle w ar ,,N o rm an n en “ ) w aren gefiirchtet ringsum an d er N o rd - u n d d er O stsee S tra n d , ja selbst

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DER BAUER. DER FREIE UND DER UNFREIE MANN.

w e ite r, bis ans m ittellandische Meer. Folgiich findet das vorher tib er die korperlichen u n d geistigen Eigenschaften d er alten D anen Gesagte au f den ganzen N orden A nw en- dung. Aus Freien, ,,B onder“ (Bauern) — jetzt w ird ein an d e - re r Begriff m it dem W orte B auer verb u nd en — u n d Unfreien ,,T ralle“ , b estan d das Y o lk ; es w ahlte selbst seinen Konig; Freiheit u n d Oeffentlichkeit w aren die sicheren Pfeiler einer zeitgem assen Regierung. Jag d , Fischfang, sp ater V iehzucht u n d A ckerbau bildeten die friedlichen Beschaftigungen des Volkes, letzterer w u rd e ab er n u r d u rch den Unfreien („T ral- len “ ) gepflegt. D er freieM ann beschaftigte sich vornehm lich m it Krieg u n d S eerauberei (Vikingetog) , dann m it den L an- desgesetzen u n d den G erichten. Unabhangig, w ie er w ar, lebte er im Frieden aUf seinem Hofe ein p atriarch alisch es Leben als O b erh au p t, S tifte r, E rh alter u n d R ichter seiner Fam ilie u n d seines ganzen H ausstandes. Um dieses Leben zu charakterisir'en. u n d den Z ustand derU nfreiheit nach n o rd i­ schen Begriffen zu erklaren, d arf m an n ich t vergessen, dass der Unfreie zw ar ohne politische R echte w a r , jed och nicht w eniger als die librigen G lieder des H ausstandes seine An- spriiche au f die Fiirsorge u n d Milde des B auers hatte. Adel nach den jetzigen Begriffen k an n te m an n atu rlich n ich t; es gab zw ar ,,I a r l e “ (soviel als H aup tm an n , A nfiihrer, O berbefehlshaber im Kriege), die v o rn ehm er w aren , als die eigentlichen B a u e rn ; da sie selbst ab er B auern w aren, h atten sie du rch ihre hohere Stellung keine V orrechte. D er Schm ied u n d d er Schiffsbaum eister w aren die v or- n ehm sten u n d zum Theil die einzigen H andw erker des A lterth um s; sie w aren hoch angesehen als die u n en tb eh r- lichen L ieferanten des K riegsbedarfs. Die W eib er w u rd en hoch geehrt u n d dem Manne gleichgestellt. — Polygam ie w a r, obgleich n ich t v erboten, eine S éltenheit. — Als Jung- fra u , als H ausfrau, als A rzt, als anm uthige C redenzerin

LEBENSWEISE UND SITTEN. DIE DICHTKUNST. 21 des schaum enden B echers w ar das nordische W eib der gute Engel des w ildenK riegslebens. D ieL ebensw eiseund die Sitten w aren streng u n d ra u h , jedoch nicht von allen G ra- zien u n d Musen v erlassen , nicht ganz aller geistigen Cultur en tb lo sst, w enn m an auch vergebens eigéntliche W issen- schaft u n d K unst in dieser Periode suchen w u rd e. E igent- liche Schrift oder gar L iteratu r existirte n icht in d er v or- christlichen Periode, doch hatten die B ew ohner des N ordens eine eigenthiim liche Art von ausseren Zeichen fiir ihre G édan- ken : die R u n e n , deren E rfindung sich so ins graue A lter- thum verliert, dass m an sie den G otternzuschrieb. D asW o rt ,,R u n “ b ed eu tet heim lich . u n d die A nw endung d er R unen mag urspriinglich im Besitz einzelner E ingew eihten gew e­ sen u nd zu m ancherlei m ystischen B eschw orungen gedient haben. S pater w u rd en dieselben allgem einer, u n d Ge- sch lech tsreg ister, G esetze, G edichte , G eschichte, w u r- den auf diese A rt in Holztafeln oder Steine eingegraben u n d au fb ew ah rt; selbst u n sere jetzige briefliche M itthei- lung geschah, nach Um standen, d u rch R unen u n d m it- tels Holztafeln. Auf sein S chw ert , sein H aus , die Tem pel seiner G otter, die Ehrensiiulen seiner grossen M anner, die L eichensteine seiner L ieben grub d er D åne R unen e in , u n d ohne diese w u rd en w ir jetzt u n sern E inblick in das A lterthum ganz allein d er sp ater aufge- zeichneten T radition zu v erdanken h aben . Skjaldekunsten (die Dichtkunst) w ar hochgeehrt u n d ihren P riestern w ard ebensow ohl U nsterblichkeit, w ie denen der T apferkeit. Das Volk lauschte dem D ichter, w enn er seine L ieder sang, u n d die Konige empfingen ihn m it nicht geringerer A uszeich- n u n g , als den H eld en ; ohne seine G esange, die Ja h rtau - sende h in d u rch im M unde des Volkes le b te n , w årén ja sie u n d ih re T haten in Y ergessenheit gerathen. D er V or- und M itwelt grosse K riegsthaten bildeten gew ohnlich den In - h alt seiner G esange, doch w ar auch die stille T h a t, die

Liebe u n d die w eibliche Schonheit ein bliihender Stoff sei­ n er L ieder. Die Sorgfalt des A lterthum s fiir die T odten bew eisen u n s noch die vielen Grabhiigel u n d ,,B autastene" (Leichensteine, E hrensaulen), die iiber ihnen aufgefiihrt sind, u n d gegen w elche die jetzigen „rationellen A griculturisten" einen grausam en Krieg fiihren. 22 CHRISTENTHUM. HARALD KLAK. ANSGARIDS. Seeråubereien an den Kiisten der nordischen Meere u n d des m ittellandischenM eeres, sow ieK riege m it D eutschland, u n te r H einrich I ., Otto I ., II. u n d III., von 930—1000, u n d m it E n g la n d , gehorten zu r T agesordnung. K aiser Karl d er G ro sse , sow ie sein N achfolger Ludw ig d er Fromm e arb eiteten d arau f hin , das C hristenthum nach dem N orden zu v erp flan zen , indem sie seh r richtig einsahen, dass diese V erpflanzung das einzige Mittel w a r, sich vor den Pliinde- rungen zu r See u n d zu L ande zu schiitzen, die ihnen n ach - gerade unertraglich w u rd en . Die N achbarn d er D anen , die Sachsen (die jetzigen Holsteiner) , hatten schon das Chri­ stenthum angenomm en , ab er in D anem ark hatte die neue L ehre n u r einen sehr geringen Eingang g efu nd en , tro tzd em dass d er E rzbischof E bbo in Rheim s u n d A ndere als ihre V erklinder im N orden aufgetreten w aren. Konig Gorm d er Alte hasste sie, Gottfried, sein Zeitgenosse, Konig in Jiitland, eben falls, u n d iib erh au p t sahen die Konige des N ordens auch e i n , dass das C hristenthum zugleich das Grab ih rer M acht u n d H errlichkeit sein w u rd e. Allein d u rch die Taufe des danischen Konigs H arald Klak in Ingelheim bei M ain z, 826, w u rd e d er erste S chritt von B edeutung fiir die neue Lehre g e th a n , indem A nsgarius , d er A postel des N o rd en s, m it Konig H arald nach D anem ark ging. Gorm d er Alte starb 935; seine Gemahlin T hyra D anebod w ar heim lich C h ristin ; d er Sohn u n d N achfolger des Y aters, H arald B laatand (Blauzahn) , w u rd e von Otto II. gezw un-

HARALD BLAATAND. JOMSBORG. 23 gen , das C hristenthum predigen zu lassen ; in N orw egen w urd e der m achtige S tatthalter Hakon Jarl von Olaf T ryg- veson geschlagen, einem Konig, d er w ah ren d seiner L and- fliichtigkeit A nhanger des Christenthum s gew orden; Schw e­ den lud selbst sp ater A nsgarius ein , u n d das christliche B anner w ard im N orden au fgepflanzt; d er Faden des u n ci- vilisirten, ab er hoch poetischen Lebens des A lterthum s w ar abgeschnitten. Die alten K riegs- u n d L iebesgotter w ichen dem w e is se n , fromm en C h rist, den die P riester durch S chw ert u n d B rand intro d ucirten . Doch noch 200 Jahre h in d u rch bestan d en die alten G otter den Kampf m it dem E inen — es mag die poetische Fulle ihres Lebens ihnen diese K raft verliehen haben — u n d jen er Kampf w ar die V eranlassung vieler schonen u n d hohen T haten der H eiden. E r w u rd e auch die V eranlas­ sung zu r Anlage eines freien S eerauberstaats, ,,Jom sb o rg “ , am ostlichen A usflusse d er O der, ungefahr w o jetzt die Stadt W ollin liegt, indem P alnatoke, H auptm ann d er h eid - nischen P a rte i, h ier zuletzt eine Gem einde d er alten Got- ter g ru n d ete, die frei u n d frisch, im nordischen Geiste, lange ihre Bliithen trieb u n d bald so unabhangig u n d ge- fiirchtet w u rd e , dass die N am en Jom sborger u n d Held sy­ nonym w aren. Kein Mitglied dieses kiihnen B undes durfte m it dem Auge b lin zeln , w enn ihn d er T odesstreich traf. Gorm d er Alte h atte zw ar die danischen Reiche ge- sam m elt u n d vereinigt, doch w ar D anem ark kein Ganzes. Inn ere U nruhen u n d Fehden w aren eine Folge d er vielen F iirsten stam m e, d ie , von Gorm iib e rw u n d e n , noch als eben so viele K ronpråtendenten existirten, sow ie auch eine Folge der plotzlichen Einfuh’rung des C hristenthum s. A ber d er Geist d er ewigen L e h re , d er ein cen tralisiren d er ist, fiihrte auch zuletzt R uhe u n d E inheit in D anem ark ein, u n d der kriegerische Sinn des Volkes u n d seiner B eherr- scher w andte sich m it seinen W u n sch en u n d T haten sy -

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EROBERUNG VON ENGLAND.

stem atisch n achA u ssen . Unter H arald Blauzahns Sohn,Svenn Tveskjag (Doppelbart, Gabelbart) w u rd e ganz E ngland ero - b e rt u n d d er danischen K rone u n terth an , sodass d er Sohn dieses K onigs, K nud d er G ro sse, die Kronen D anem arks u n d Englands als E rbtheil auf seinem H aupte vereinigte (1014). U nter den folgenden Konigen ging zw ar E ngland ver­ loren , N orw egen ab er w u rd e friedlicherw eise m it D ane­ m ark vereinigt (1042). W aren die D anen fruher d er Schrecken ih rer N ach- b arn gew esen, so fingen diese jetzt a n , ein Schrecken fiir sie zu w erd en . W endische S eeriiuber plagten un d pliinderten unaufhorlich die danischen u n d norw egischen Kusten. E rst W aldem ar I., d er Grosse verm ochte m it Hulfe sei- nes grossen M in isters, des E rzbischofs Absalon , u n d des­ sen B ruders , E sbern S n are, die W enden zu ztichtigen u n d sie zu bandigen (1156), indem er nach d er E roberung von Rugen u n d P om m ern ihnen das C hristenthum auf- drang. Die deutschen K aiser, die sich in alle europåischen Sachen m ischten u n d oft u n d w iederholt die O berherr- schaft iib er den N orden, in sbesondere iib er D anem ark v er­ langt hatten, m achten auch jetzt, u n te rF rie d ric h d em R o th - b a rt, diese F orderung geltend. W aldem ar w ar zum Schein nachgiebig, ero b erte ab er thatsachlich noch M ecklenburg, H olstein , L au en b urg , den grossten Theil von P reussen , ja selbst E sthland. Sein S o h n , K nud V I . , sch ritt langs der O stseekiiste noch w eiter fort u n d herrschfe bis an die W eichsel, u n d 1202 streck te W aldem ar II. sein S cepter iib er alle K listenlånder d er Ostsee vom E iderstrom e bis zum finnischen M eerbusen. An den dam aligen Kreuzztigen n ahm D anem ark keinen A n th eil; die E roberung von E sth­ land tra t an die Stelle eines so lc h en , u n d d er P ap st hatte zu derselben den D anen ein neues Banner — w eiss m it einem rothen K reuze — g eschenkt, die jetzige Flagge D anebrog,

GESETZGEBUNG. GEISTLICHKEIT UND ADEL. 25 die m an, als vom Himm el heruntergefallen, in d er entschei- dendsten Sch'lacht(4 24 9)dem H eereplotzlich vorantrug. Dem eroberten E sthlande w u rd e auf gewohnliche blutige W eise das C hristenthum bescheert. Allein diese m aterielle Grosse d esR eichs d auerte nicht lange. D urch List w u rd e W aldem ar von dem deutschen Grafen H einrich von Schw erin gefången genomm en u n d drei Jah re in N eustadt festgehalten; seine Freiheit u n d sein Leben m usste er zuletzt d u rch A btretttng fast aller E roberungen erkaufen. D urch T heilung des Reichs u n ter seine drei S ohne, deren Zw ietracht auf ihre N ach - komm en iiberging u n d ein volles Ja h rh u n d ert h in d u rch das Yolk diese Unklugheit b ussen lie s s , vollendete e r das Ungliick. Absalon, d er schon genannt w urde, gleich gross als Bi- schof, alsF e ld h e rru n d a ls S taatsm ann, h atte u n te r W aldem ar des Grossen u n d K nud YI. Regierung an d er Spitze d er V erw altung gestanden. E r legte den ersten Stein zu r Auf- fuhrung eines geordneten u n d geregelten S taatsgebaudes, d u rch ihn begannen die W issenschaften sich eine Bahn im N orden zu b re c h e n , u n d Saxo G ramm aticus schrieb die G eschichte D anem arks. Unter K nud VI. w u rd en die K ir- chengesetze gesamm elt u n d g e o rd n e t; u n te r W aldem ar III. die biirgerlichen Gesetze gesamm elt, niedergeschrieben u n d vom Volke.dffentlich anferkannt., D anem ark u n d iib erhau p t Scandinavien h at das grosse Gliick g eh ab t, seine eigene, nationale G esetzgebung zu b ew ah reu , unangefochten von rom ischen P andecten. Die Gesetze bildeten sich auf den freien V olksversamm lungen aus u n d erhielten sich d u rch diese bis zu den Zeiten d er W aldem are. Die Macht d er G eist- lichkeit w uchs u n te r W aldem ar u n d K nud zu einer b e- denklichen Hohe h eran. D er Adel en tstan d zum Theil u n ­ ter W aldem ar I I . ; da ab er D anem ark nie von ein er frem - den Macht ero b ert o d er unterjocht gew esen, so h at d er Adel d o rt einen andern — n u r zum Theil m ilita risch en , zum

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WALDEMAR ATTERDAG.

Theil feudalistischen — U rsprung, als in den ubrigen Staaten E uropas. D ort ist er d adu rch e n tsta n d e n , dass die Konige ih re H eerfiihrer m it Landgiitern b ele h n te n , w oge- gen diese verpflichtet w aren , in Fehdezeiten m it einer ge- w issen Anzahl bew affneter Krieger, die sie auf ihre eigenen K osten sow ohl a u sriiste te n , als b eso ld eten , dem Konige zu folgen. Auch von den geistlichen G utern, die theils p er- sonliche L e h e n , theils K irchengut w a re n , w u rd en Solda­ ten , ohne Kosten fiir den K onig, gestellt u n d besoldet. E rst sp ater en tstan d nach frem dem Z uschnitt d er Ei’badel. D ieser Adel von G eburt so n d erte sich als ein specieller S tand ab, unterjochte d urch e rlisteteu n d ertro tzte Privilegien einen grossen Theil d er freien B auern u n d b ra c h te , verb u nd en m it d er bed eu ten d en Macht d er katholischen G eistlichkeit, die grosste N oth u n d das grosste Unheil iib er D anem ark. H ierd u rch u n d d u rch d ieE n tsteh u n g u n d das Em porbliihen m eh rerer S tad te, sow ie eines sogenannten B urgerstan­ des w u rd e d er B au ern stan d , d er Kern des Y olkes, ge- schw ach t, u n d v erlor zu letzt ganz den Begriff eines S tan­ des , indem er alle politischen R echte einbiisste. N ach u n d n ach versank das Reich u n te r schw achen u n d schlechten R egenten, u n te r inneren Streitigkeiten m it Adel u n d Geist­ lich keit, die das Volk un terjo ch ten u n d den Konigen ge- fahrlich w u rd e n , u n ter Fehden u n d Kriegen wegen Schles- w ig u n d zum Theil auch wegen H o lstein , in A rm uth u n d S chw ache. Es fallt in diese Periode die O ccupation von ganz Jyd land u n d Fyen du rch den Grafen G erhard den G rossen , sow ie sein Tod durch R itter Niels E bbesen. E rst ein n eu er W a ld em a r, der D ritte , m it dem Bei- nam en ,,A tterdag“ (w ieder Tag) , w eil m it ihm eine b es- sere Zeit e in tra t, u n d D anem ark, w enigstens nach A ussen hin , seine Stellung w ied erg ew an n , verm ochte e s , innere R uhe u n d O rdnung herzustellen u n d das Reich bis an seine a lte n , urspriinglichen G renzen auszudehnen. E r ziichtigte

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